■ Mit Thailands Welthandel auf du und du: Auf dem Sprung
Bangkok (taz) – Leise und beharrlich haben die thailändischen Politiker dem Druck ihrer US-amerikanischen KollegInnen widerstanden: Bei Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) weigerte sich Thailand, seine Importzölle für Informationstechnologie bis zum Jahr 2000 abzuschaffen. Die thailändische Regierung sagte, sie brauche Bedenkzeit, ob und wann sie dem Abkommen beitreten will.
Obwohl vor allem die US- amerikanischen PolitikerInnen von den glänzenden Aussichten eines freien Info-Tech-Handels weltweit schwärmen, fürchten Länder wie Thailand oder Malaysia, ihre jungen Industrien könnten der ausländischen Konkurrenz nicht standhalten. Gegenwärtig steht die thailändische Ökonomie an der Schwelle vom Billiglohnland zum Produzenten kapital- und technologieintensiver Güter. An Investoren fehlt es nicht. Größtes Hindernis für eine schnelle Entwicklung technisch komplizierter Produktionszweige ist der Mangel an ausgebildeten Arbeitskräften.
Als der Computer-Gigant IBM Anfang Dezember ankündigte, er wolle im kommenden Jahr fast eine Milliarde Mark in Thailand investieren, um Computerfestplatten herstellen zu lassen, schrieb die Bangkok Post begeistert von der „Hoffnung, daß das Land eine wichtige Basis für die Herstellung von Computerteilen in der Region wird“. Bislang gibt es in Thailand – anders als bei den südostasiatischen Nachbarn Malaysia oder Singapur – in der High-Tech-Industrie nur technologisch einfache Fertigungszweige. Vor allem US-amerikanische, japanische und südkoreanische Unternehmen lassen hier Festplatten, Halbleiter und Computerteile zusammenbauen. Zwei der weltgrößten Hersteller von Festplatten, die US-Firmen Seagate und Micropolis, fertigen in Thailand. Seagate beschäftigt mehr als 23.000 Arbeitskräfte.
Helmut Wanke, Chef von Siemens-Nixdorf Thailand, glaubt nicht, daß die thailändische Computerindustrie durch die angestrebte Zollsenkung geschädigt würde: „Vor fünf Jahren hätte das noch anders ausgesehen“, sagt Wanke, „damals gab es Importzölle bis zu 40 Prozent.“ Heute liegen sie nur bei fünf Prozent.
Die Hongkonger Zeitung Far Eastern Economic Review sieht nur Vorteile beim Abbau der Zölle, da ein großer Teil des internationalen Handels mit Computerteilen zwischen verschiedenen Fabriken derselben Unternehmen stattfindet: Die Firma Seagate schickt Festplatten zur Montage zwischen ihren Fabriken in Thailand, Singapur und Malaysia hin und her.
Der Leiter der deutsch-thailändischen Handelskammer, Paul Strunk, kann das Zögern Bangkoks verstehen: „Da fehlen dem Staat plötzlich Hunderte Millionen Baht aus den Einfuhrzöllen. Das reißt ein tiefes Loch in den Haushalt.“ Jutta Lietsch
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