: Schwachstelle ABM
Die freien Trägergesellschaften für Arbeitsbeschäftigungsmaßnahmen klopfen Realitäten fest, die anderswo politisch bekämpft werden: Für die volle Lohnfortzahlung im Krankheitsfall streiken die Beschäftigten aller Branchen quer durch die Bundesrepublik, und die Gewerkschaften weichen von dieser Minimalforderung nicht ab. So konnten die Metallgewerkschaften in Niedersachsen und in Baden-Württemberg wenigstens den Erfolg erzielen, bei niedrigen Tarifabschlüssen die Lohnfortzahlung zu erhalten. Aber auf dem Zweiten Arbeitsmarkt – ohne organisierte Interessenvertretung – kann das Gesetz der Bundesregierung direkt umgesetzt werden. Trotz des immensen Widerstandes, der gegen die Kürzung der Lohnfortzahlung mobilisiert worden ist, könnten nach und nach die 80 Prozent Lohn im Krankheitsfall für geringer entlohnte, nicht tarifvertraglich gebundene Arbeitsplätze Standard werden. Dieser Abbau sozialstaatlicher Übereinkünfte funktioniert also nur dort, wo andere Regelungen nicht schon vereinbart sind: Tarifverträge kann das Gesetz nicht aufheben.
Bei der Bundesanstalt für Arbeit zeichnet sich allmählich Zahlungsbereitschaft ab: aber nur für die ABM-Beschäftigten, denen die 100prozentige Lohnfortzahlung in einem Tarifvertrag garantiert ist. Bei dem großen Zweiten Arbeitsmarkt, der sich in Berlin etabliert hat und ein wichtiger Bestandteil der sozialen und kulturellen Infrastruktur geworden ist, kann die einzige Lösung des Problems nur eine gemeinsame Vereinbarung der Träger mit den Gewerkschaften sein. Der würde es den freien Trägern ermöglichen, den Lohn voll weiterzubezahlen – ohne in die eigene Tasche greifen zu müssen. Barbara Junge
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