: Arbeitslosigkeit: Halbierung unmöglich
■ Das ifo-Institut für Wirtschaftsforschung erwartet einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit. Das Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahr 2000 die Arbeitslosenzahlen zu halbieren, sei damit unerreic
München/Berlin (dpa/taz) – Das Münchner ifo-Institut für Wirtschaftsforschung erwartet 1997 einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit um gut 100.000 Menschen auf dann 4,1 Millionen. Das renommierte Institut hält die Ankündigungen der Bundesregierung, die Arbeitslosigkeit ließe sich bis zum Jahr 2000 halbieren, für unrealistisch. Das Ziel sei aus heutiger Sicht nicht mehr zu erreichen, erklärte gestern ifo-Präsident Karl Heinrich Oppenländer.
Die deutsche Konjunktur habe zwar ihre Wachstumspause weitgehend überwunden. Doch sei dies nur den Exporterfolgen zu verdanken. Im Inland dagegen sei „noch kein stabiles Wachstumsfundament“ gefunden, die Investitionsschwäche dauere an. Die Wirtschaft müßte mindestens um 2,5 bis drei Prozent wachsen, um überhaupt einen Rückgang bei der Zahl der Arbeitslosen zu erreichen.
Das Bundeswirtschaftsministerium wies die Darstellung des ifo- Präsidenten jedoch zurück. Wenn das Aktionsprogramm der Bundesregierung „konsequent umgesetzt“ würde und wenn die Tarifpartner „ihre Verantwortung erkennen“, so sagte eine Sprecherin von Rexrodt zur taz, dann sei es durchaus realistisch, die Arbeitslosenzahlen innerhalb der nächsten vier Jahre zu halbieren. Vorgesehen seien unter anderem die Förderung von Existenzgründungen, der Abbau von Subventionen und die Rückführung der Staatsquote, Investitionen in den Bau-, Umwelt- und Verkehrsbereich sowie die Senkung von Lohnzusatzkosten. In der kommenden Woche will das Ministerium eine vorläufige Bilanz des Aktionsprogramms vorlegen. Das ifo-Institut erwartet jedoch aufgrund neuer Daten für 1997 eine steigende Arbeitslosigkeit – im Unterschied zum Herbstgutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute. Die Arbeitslosenquote erhöhe sich von 10,3 auf 10,7 Prozent. In Westdeutschland werden für 1997 rund 2,89 Millionen Arbeitslose erwartet, eine Quote von 9,3 Prozent, und in Ostdeutschland 1,21 Millionen Arbeitslose (16,2 Prozent).
Unverändert bleiben dabei die Prognosen über das Wirtschaftswachstum. Zwar konstatieren die ifo-Forscher, daß sich im November das Geschäftsklima in der westdeutschen gewerblichen Wirtschaft eingetrübt habe. Für 1996 erwarten sie in Deutschland dennoch einen realen Anstieg beim Bruttoinlandsprodukt von 1,5 Prozent; im Westen plus 1,5 Prozent, im Osten plus drei Prozent. 1997 soll sich das Wirtschaftswachstum auf real 2,5 Prozent in Deutschland beschleunigen. Im Westen wird dann ein Plus von 2,5 Prozent erwartet, im Osten aber nur noch von zwei Prozent. lieb
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