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Mein Kopf gehört mir

Powerfrau ohne Frauenpower: Christdemokratin läßt GAL und SPD erblassen  ■ Von Silke Mertins

Nichts an ihr erinnert an den hausbackenen Charme jener Christdemokratinnen, die zu Muttertag ihre Stimme für Frauenbelange erheben. Als Karen Koop am Montag abend in der Bürgerschaft nach einer langatmigen Generaldebatte zum Haushalt die Diskussion zum Gleichstellungs-Etat eröffnete, wollten sich viele Abgeordnete gerade auf die noch zu schreibenden Weihnachtskarten konzentrieren, draußen ein Schwätzchen halten oder ihre Topflappen fertighäkeln. Mitten in der Bewegung hielten manche jedoch inne und blickten zum Rednerpult. Da stand Karen Koop, 52 Jahre und Studienrätin.

Verfassungsrechte? Für Frauen ja wohl ein Witz! „Die freie Berufswahl gilt doch für Mütter überhaupt nicht“, donnert Koop. Ihr strenger Blick fällt auch auf die Schlipse ihrer eigenen Parteikollegen. „Es ist nicht die Berufstätigkeit der Frau, die Familien in die Krise bringt.“ Sondern die Männer, „die ein bißchen Zorro, ein bißchen Rambo und ein bißchen Tarzan spielen – und sich wundern über die Situa-tion der Frau“.

Batsch, diese Ohrfeige hat schon mal gut gesessen. Diese Typen seien „als Männer nicht brauchbar“. Partnerschaften seien angesagt. „Partnerschaften, meine Herren!“ Und bis das ins letzte Hirn eingedrungen sei, müßten die Gleichstellungs-Programme des Senats ausgeweitet werden. Auch den Mit-Abgeordneten hat sie großzügig eine Rolle zugedacht: „Ich bin überzeugt, daß Sie, meine Herren, bereits alle partnerschaftliche Beziehungen führen“, säuselt Koop nun. „Und Sie dürfen es ruhig öffentlich machen.“

Was dann an Applaus kam, war nicht das höfliche Klatschen der eigenen Fraktion. Alle, selbst die GAL, waren hingerissen. Und auch beschämt ob der Dinge, die nun kommen sollten. Denn für die SPD schlich Maren Piske mausgrau zum Rednerpult, um vom Manuskript Lob für den Senat und Tadel für Bonn abzulesen. Ebenso blaß kam die Kritik der GALierin Gabriele Dasse an der „institutionalisierten Verantwortungslosigkeit des Senats“ in Sachen Frauenpolitik daher. Und als Frauensenatorin Christina Weiss redete, wurden längst wieder Weihnachtskarten geschrieben.

Sicher, Karen Koop, Vorsitzende der Frauenunion, ist nicht die Alice Schwarzer der CDU. Mit Prostitu-tion als Beruf hat sie Probleme. Die schleichende, wenn auch noch nicht drastische Mittelstreichung, etwa bei den Hamburger Frauenhäusern oder der Männerberatung, stand nicht im Mittelpunkt ihrer Rede. Auch für Lesben und deren Rechte würde sie sicher nicht das Wort ergreifen. Doch während CDU-Fraktionschef Ole von Beust Positionen des Law-and-Order-Fanatikers Karl-Heinz Ehlers (CDU) nachbetet, von denen er selbst gar nicht überzeugt ist, hat Koop Mut zur eigenen Meinung. Schon in der Bosnienfrage setzte sie sich konträr zur CDU-Linie gegen eine Zwangsrückkehr der Flüchtlinge ein.

Karen Koop ist eine Powerfrau ohne Frauenpower. Fraktionszwang scheint sie nicht zu interessieren. Mein Kopf gehört mir, signalisiert sie den Parteikollegen. Und das ist erheblich mehr, als viele andere Abgeordnete zu bieten haben.

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