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■ VorlaufZentrum der Ohnmacht

„Die Abkanzler – Der Spiegel wird 50“, 22.15 Uhr, ZDF

Als Uwe Kröger seinen Film über den Spiegel drehte, lag der gerade mit einer Titelgeschichte am Kiosk, in der das frühgebärende Lindenstraßen-Gör Iffi Zenker als Kronzeugin einer neuen Ehemüdigkeit herhalten mußte. Da stellte sich die Frage an Herausgeber Rudolf Augstein praktisch von selbst: Ist jetzt die Zeit für Spiegel-light? Er leide eigentlich immer am Spiegel, antwortet Augstein, dem jedes Wort nur äußerst mühsam über die Lippen kommt. Ganz Vaterfigur, die niemand mehr braucht.

Lange Jahre litt er nicht allein: Flick, Otto, Strauß, Späth, allesamt Kandidaten, die Montag morgens mit Schweißperlen auf der Stirn erwachten. Kein Vergleich zum heutigen Windmühlenkampf gegen Kohl und Stolpe.

Kröger läßt jene zu Wort kommen, die zu 50 Spiegel-Jahren etwas zu sagen haben. Zum Beispiel Erich Böhme, von dem man sich nach etlichen Jahren als Brillenschwenker bei Sat.1 kaum noch vorstellen kann, daß er als Spiegel- Chefredakteur maßgeblich am Sturz Uwe Barschels beteiligt war. Oder Günter Grass, dem der Verreißer Reich-Ranicki letztes Jahr eine Bombenauflage bescherte.

Geschickt wurde Archiv- und neues Material montiert, den Bildern mit überlegten Schnitten Aussagekraft verliehen: Stefan Aust mit Reiterkäppi hoch zu Roß, dann zwanzig Jahre jünger mit Pilzfrisur und dunkler Sonnenbrille als Aufklärungsapostel der St.Pauli-Nachrichten. Anstatt den Senkrechtstarter als karrieregeilen Fernseh-Fuzzi vorzuführen, hält Kröger einfach die Kamera drauf, wenn sich Aust wegen eines besonders gelungenen Synergieeffekts zwischen TV- und Print-Produkt vor Schmunzeln kaum mehr halten kann. Mit wenigen Einstellungen wird die Hamburger Presse-Instanz entmythologisiert, bei der sich die Redaktionskonferenz in journalistische Jahresringe unterteilt: außen die jungen Neuen, innen am Tisch die altgedienten und in irgendeinem Büro im Zentrum der (Ohn-)Macht Rudolf Augstein, der nicht loslassen kann. Auf die Frage, wie lange er noch beim Spiegel bleiben will, sagt er nur: „Ich kann nicht abhauen.“ Warum nicht, weiß niemand. Oliver Gehrs

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