: „Rückführung“ nach Rostock und Schwerin
■ Wie 20 Vietnamesen in ihre Heimat ausreisen wollten und doch nicht durften
Berlin (taz) – Stell dir vor, es wird abgeschoben, und zu viele gehen hin. Kann nicht sein? Es kann. So geschehen am Montag dieser Woche bei der vom Bundesinnenministerium stolz bekanntgegebenen großen „Rückführungsaktion“ nach Vietnam. Rund 20 Vietnamesen, die sich unter dem Druck der Ausländerbehörden unfreiwillig zur „freiwilligen“ Ausreise bereit erklärt hatten, zogen nach Stunden des Wartens auf dem Berliner Flughafen Schönefeld wieder nach Hause.
Keiner wollte sie außer Landes schaffen, denn im Charterflug nach Hanoi, zu dem ihre Ausländerbehörden sie nach Berlin beordert hatten, war kein Platz mehr frei. Die Condor-Maschine mit 200 ausreisepflichtigen Vietnamesen und 20 Bundesgrenzlern war überbelegt. Der BGS, der im Auftrag des Innenministeriums die Abschiebungen organisiert, hatte offenbar falsch gezählt.
„Es seien“, so hieß es gestern vom leitenden BGS-Beamten, „aus unerfindlichen Gründen mehr Leute gekommen als geplant.“ Für die 220 Passagiere, die Richtung Vietnam in die Luft abhoben, sei es „ein sehr angenehmer Flug“ geworden. O-Ton BGS: „Wir haben viel gelacht und viel Spaß gehabt.“
Zumindest für die überzähligen 20 Vietnamesen war die Angelegenheit überhaupt nicht spaßig. Sie hatten sich nach langem Zögern zur Ausreise entschlossen, hatten ihren Hausrat aufgelöst, ihre Wohnungen gekündigt, sich von Freunden verabschiedet und die Angehörigen in Vietnam auf ihre Ankunft vorbereitet. Anstatt sie mit dem nächsten Linienflug nach Vietnam reisen zu lassen, beschied man ihnen auf dem Flughafen, sie könnten wieder nach Rostock, Schwerin, Dresden oder Magdeburg fahren. Die brandenburgische Ausländerbehörde, vom Chaos peinlich berührt, drückte ihnen entsprechende Bahnfahrkarten in die Hand. Einer der Vietnamesen mußte beim Flughafensozialdienst nächtigen.
Wieder zu Hause angekommen, durften die solcherart „Rückgeführten“ ihre Grenzübertrittsbescheinigungen wieder gegen ausländerrechtliche Duldungen eintauschen. Im Februar, so erfuhren sie am nächsten Tag bei ihren örtlichen Ausländerbehörden, sollten sie sich wieder melden – „wg. Rückführung“. Mal sehen. Vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal mit der zügigen Rückführung nach Vietnam, die unserem Bundesinnenminister so am Herzen liegt. Der Versuch am Montag war der zweite Rückführungsversuch in dieser Größenordnung seit Unterzeichnung eines förmlichen Rückübernahmeabkommens mit Vietnam vor anderthalb Jahren. Vera Gaserow
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