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■ Neue Serie: Die zwei JoachimsSprachakrobaten der Spitzenklasse

Verehrte Gäste. Ich freue mich, Ihnen heute zwei einzigartige Künstler vorstellen zu dürfen, zwei Akrobaten, zwei Virtuosen ihres Fachs. Tusch für (Törööt auf einer Heimorgel): die zwei Joachims!“

Solche Ansagen sind den beiden Joachims stets peinlich, vor allem, wenn keine Hand sich zum Applaus rührt. Wie jetzt.

Gelangweilt döst das Publikum des Seniorenheims „St. Hedwig“, mit Schwung tönt C.: „Die zwei Joachims geben Ihnen jetzt eine Kostprobe ihres Könnens. Rufen Sie ihnen 20 Worte zu, und sie werden innerhalb von nur einer Minute aus genau diesen 20 Worten einen vollständigen Satz aus der Weltliteratur zaubern!“

„Blödsinn!“ plärrt ein Herr Mitte 80. Es erklingen Rufe wie „Aufhören“, „Wo sind die Heizdecken?“ und „Wir wollen Hüsch!“ „Der Tee schmeckt nach Spülwasser!“ blöken zwei Greise, die bislang Karten gespielt haben und nun erstmals von den Joachims Notiz nehmen. Ein Herr mit schlohweißem Bart steht auf und wendet sich mit der Gebärde eines parlamentarischen Oppositionsführers an C: „Was Sie hier machen ist nichts anderes als die Subsumtion der Literatur unter die Verwertungsbedingungen des Kapitals, affirmativer Kulturmüll.“

Mit erhobenen Händen wehrt C. ab: „Vielen Dank! Genug, genug! Das waren ja schon weit über 20 Worte. Die Zeit für unsere zwei Joachims läuft!“ Zum dezenten Swing der Hammondorgel bewegen sich stumm die Lippen der Joachims. Nach einer Minute erklingt die Triangel in C.s Hand. Die Orgel verstummt. C. erhebt die Stimme: „Liebe Gäste, erleben Sie ein literarisches Husarenstück. Hören Sie einen Satz aus der Weltliteratur, geformt aus IHREN (Hans-Meiser-artige Geste in Richtung Saal) Worten – von den zwei (Kunstpause): Joachims!“

Auf ein unauffälliges Nicken C.s hin, das niemandem im Saale entgangen ist, murmeln unisono die Joachims: „Der Schütze lief plötzlich an. Der Tormann, der einen grellgelben Pullover anhatte, blieb völlig unbeweglich stehen, und der Elfmeterschütze schoß ihm den Ball in die Hände.“

Schweigen im Auditorium, dann Buhrufe. Der schlohweiße Vollbart baut sich erneut auf: „Kein Kapital, keine Subsumtion, keine Verwertungsbedingungen, kein affirmativer Kulturmüll! Sie wollen uns wohl für dumm verkaufen!“ „Genau! Wer hat was von grellgelbem Pullover gesagt?“ schimpft einer der Kartenspieler. Der Schlohweiße dröhnt: „Und überhaupt, diesen kleinbürgerlich- kryptofaschistischen Mist als Weltliteratur zu verkaufen! 68 hätte man euch aus dem Audimax geprügelt. (Leiser:) Revisionistenpack!“ Ein Senioreninnenchor skandiert: „Wir wollen Hüsch!“ Zuckerwürfel, Kaffeesahneportionen, vereinzelt auch Teelöffel fliegen auf die Bühne.

Die zwei Joachims haben Schutz hinter dem Klavier gefunden. Bitter raunt Joachim: „Ich wußte es!“ Zornig bellt der zweite: „Ach! Wer hat denn die Anzeige ,Schreiben als zweite Chance‘ angeschleppt? ,Verdienen Sie Ihr Geld als Literat – daß ich nicht lache. Har, Har.“ Eine Weinbrandbohne trifft ihn an der Schläfe. „Wo bleibt, verdammt, der Hüsch?“ jammert er. Spitz stichelt der andere: „Du rufst nach Hüsch? Daß ich das noch erleben darf!“

Plötzlich Ruhe. Ein Herr mit runder Brille ist hinter die Orgel getreten, ihm gilt jetzt die ganze Aufmerksamkeit. Gebückt und auf Zehenspitzen schleichen die Joachims davon. „Und das da kannst du dir in 'n Hintern schieben!“ ächzt der eine und reißt sich die Gummimaske vom Kopf, die ihm eine frappante Ähnlichkeit mit einem lispelnden Literaturkritiker verliehen hatte. Joachim & Joachim

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