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Comandante Evaristo, der Totgeglaubte, kehrt zurück

■ Ein Mann, der sich seit 1984 zu verstecken weiß: Nestor Cerpa Cartolini, der Kopf der Guerillaaktion in Lima

Noch im ersten offiziellen Kommuniqué der „Revolutionären Bewegung Tupac Amaru“ (MRTA) zur Besetzung der japanischen Botschafterresidenz tauchte sein Name gar nicht auf: Comandante Hemigidio Huerta Lozaya hieße der Chef der bewaffneten Spezialeinheit, der die Aktion leite. Erst durch eine Geisel wurde er erkannt: Nestor Cerpa Cartolini, einziger noch in Freiheit lebender Gründer der Guerilla.

Eine Legende ist der bärtige 48jährige, besser bekannt als „Comandante Evaristo“, schon jetzt: In den zwölf Jahren seit seiner Entlassung aus der Haft gelang es Fujimoris Antiterroreinheiten nicht, ihn festzunehmen. Ironie des Schicksals: Unter den 140 Geiseln, die die Tupac Amaru jetzt noch in ihrer Gewalt hält, ist auch der Chef der Spezialeinheit zur Terrorismusbekämpfung, General Maximo Rivera.

Besonderes Vergnügen bereitet es Cerpa Cartolini, sich immer dann medienwirksam in seiner olivgrünen Uniform zu präsentieren, wenn mal wieder die Information gestreut wurde, er sei im Kampf getötet worden. Auch jetzt scheint er das Sprichwort zu bestätigen, daß Totgesagte länger leben: Noch vor einem Monat hatte der peruanische Innenminister getönt, es könne sich nur noch um Tage, wenn nicht gar um Stunden handeln, bis die Armee Cerpa geschnappt habe. Im Operationsgebiet der MRTA, der Pesco Selva, habe sie Cerpa mit seinem Trupp eingekreist. Dann hörte man nichts mehr – bis vor einer Woche, als die Guerilla ihren bislang spektakulärsten Coup landete, mit Cerpa Cartolini an der Spitze.

Cerpa, der sich selbst gern als „cholo“, als Ureinwohner der Andenregion, bezeichnet, übernahm 1992 gemeinsam mit dem Guerillachef Miguel Rincon die Führung der MRTA. Seit Rincons Festnahme im Jahr 1995 steht Cerpa Cartolini allein an der Spitze der Tupac Amaru. Ausgebildet wurde er vermutlich in Bolivien, wo er auch Kontakte zur chilenischen Bewegung der Revolutionären Linken (MIR) knüpfte. Der peruanische Geheimdienst ist davon überzeugt, daß MIR-Aktivisten die MRTA bei der Vorbereitung des Überfalls auf die Residenz des japanischen Botschafters unterstützten.

Mit der Aktion will das Kommando um Cerpa Cartolini unter anderem seinen Gesinnungsgenossen und MRTA-Chef Victor Polay Campos freipressen, der seit April 1993 auf dem Marinestützpunkt Callao in Haft sitzt. Er war es, der Cerpa Cartolini die Leitung der MRTA-Einheiten an der Nordostfront übertrug, wo die Rebellen von Anfang bis Mitte der 80er Jahre immer wieder Angriffe auf Städte im peruanischen Dschungel starteten. Später soll er in die Entführung mehrerer peruanischer und ausländischer Geschäftsleute verwickelt gewesen sein. Außerdem hatte er die Aufgabe, junge Landsleute für die Revolution zu begeistern.

Die politische Biographie von Cerpa Cartolini begann im Februar 1979. Damals führte er den Aufstand der Arbeiter an, die die Textilfabrik Cromotex besetzten, in der er damals arbeitete. Bei Zusammenstößen mit der Polizei wurden vier Arbeiter getötet, Cerpa wurde festgenommen – ein Schlüsselerlebnis, das entscheidend zur Radikalisierung des späteren Rebellenchefs beitrug. Ingo Malcher

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