: Schönbohm sucht radikal die PDS
■ Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) kündigt Entscheidung über vollständige Beobachtung der PDS durch den Verfassungsschutz an. „Die demokratischen Parteien können mit der PDS nicht koalieren.“
Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) hat eine Entscheidung über eine vollständige Überwachung der PDS durch den Verfassungsschutz für voraussichtlich Februar oder März 1997 angekündigt. Derzeit stünden sieben Organisationen der PDS unter Beobachtung, sagte Schönbohm am Wochenende. Nach der Auswertung werde sich entscheiden, ob die PDS als Gesamtpartei beobachtet werde. Bisher sei eine Entscheidung noch nicht gefallen, betonte der Innensenator.
Wichtig ist nach den Worten des Senators, wie sich die Parteiführung der PDS zu bestimmten Fragen, wie dem Gewaltmonopol des Staates, äußere. Er verwies auf die vom Verfassungsschutz (VS) beobachtete PDS-Bezirksorganisation in Kreuzberg, die mit dem „gewaltbereiten autonomen Spektrum“ zusammenarbeite. Weiterhin stehen folgende PDS-Gruppen auf der Liste des VS: Marxistisches Forum, Forum West, Kommunistische Plattform, Kommunistische Arbeitsgruppe, AG Junge GenossInnen, Autonome Gruppen in und bei der PDS.
Laut Schönbohm gibt es in Berlin eine enge Verflechtung mit der ehemaligen Stasi und Verbindung zur alternativen Szene. Berlin habe im Vergleich zu anderen Bundesländern eine „Leitfunktion“. Ausdrücklich stellte der Senator klar, daß eine Beobachtung der Partei sich nicht auf ihre WählerInnen erstrecke. Es gehe um die sogenannten „Altkader“ mit 35.000 ehemaligen Stasi-Mitarbeitern. Demokratische Parteien „können mit der PDS nicht koalieren“, betonte Schönbohm.
Auch Innenstaatssekretär Kuno Böse erklärte, daß eine vollständige Überwachung der PDS erwogen werde. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden hätten Gruppierungen der Partei Kontakte in die gewaltbereite linksextreme Szene, in das RAF-Umfeld und zur verbotenen Kurden-Organisation PKK. Wenn sich die PDS als Partei nicht von diesen Gruppierungen distanziere, „stellt sich die Frage, ob sie in Berlin auch als Partei überwacht wird“, so der Staatssekretär.
Die Berliner PDS-Chefin Petra Pau hat die erneute Drohung mit der Beobachtung der Gesamtpartei durch den Verfassungsschutz als „machtpolitisches Ablenkungsmanöver“ zurückgewiesen. „Die PDS soll zum bedrohenden Problem gemacht werden, um vom eigentlichen Problem, der gescheiterten Politik des CDU-geführten Senats, abzulenken“, erklärte Pau. PDS-Sprecher Günter Kolodziej fügte hinzu: „Schönbohm mißbraucht den VS zum Wahlkampf.“
Renate Künast, die für die Bündnisgrünen im Verfassungsschutzausschuß sitzt, erklärte: „Es gibt keine qualitativ neuen Erkenntnisse des Verfassungsschutzes über die PDS.“ Weil die CDU erkannt habe, daß ihre Rote- Socken-Kampagne zu platt sei, werde diese jetzt mit anderen Mitteln fortgesetzt. Im übrigen zähle für den Verfassungsschutz bereits zum „RAF-Umfeld“, wer sich für bessere Haftbedingungen der RAF-Inhaftierten einsetze, so Künast. taz/ADN
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