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Baumaschinen, Models und Milliarden

■ Jahresendzeitserie: Horst-Dieter Esch, Deutschlands Superaufsteiger und Pleitier

Berlin (taz) – Horst-Dieter Esch ist heute ein munterer 53jähriger. Seine Augen strahlen eindringlich wie eh und je. Auf seinem Landsitz im US-Staat Connecticut oder seinem Geschäftssitz in New York kann er noch immer selbst Geschäftsleuten „die Luft verkaufen“, wie es einer seiner geprellten Partner einmal ausdrückte.

Der Sohn eines Schlossers studierte in den USA Betriebswirtschaft und wurde 1967 Baumaschinenverkäufer. Er verkaufte mehr Dampfwalzen als andere, wechselte das Unternehmen, wurde Vorstandsmitglied und übernahm schließlich 1975 – immer für den etwas größeren Wurf zu haben – die Firma seines damaligen Chefs. Eine Baumaschinenfirma war in der Mitte der 70er Jahre dank einer ausgedehnten Wirtschaftskrise etwa so begehrt wie Hundescheiße am Stiefelabsatz. Doch der begnadeten Backgammon-Spieler Esch kaufte unter dem Dach seiner IBH Holding ein Unternehmen nach dem anderen billig auf. Seine Kalkulation: Geld pumpen und dann auf bessere Zeiten warten.

Horst-Dieter Esch schaftte es, die größte deutsche Privatbank Schröder, Münchmeyer, Hengst & Co (SMH) zu seiner Hausbank zu machen, nahm General Motors, Babcock und einen reichen saudischen Scheich an Bord. Inzwischen war die IBH der drittgrößte Baumaschinenkonzern der Welt. Die Großaktionäre hatten ihre Stimmrechte an Esch abgegeben, er selbst besaß 1982 nur noch neun Prozent der Anteile. Der gebürtige Hannoveraner spekulierte also hauptsächlich mit fremdem Geld, kassierte aber Provisionen für all die Firmantransaktionen.

Als die Baumaschinenkrise kein Ende nehmen wollte, war im November 1983 schließlich die IBH pleite und damit eigentlich auch die SMH-Bank. Ein deutscher Bankencrash drohte, schließlich wurden kurzfristig eine Milliarde Mark an faulen Krediten fällig. Den Crash konnte die versammelte deutsche Bankenelite verhindern, sackte dafür aber die lukrativen Geschäftszweige der SMH ein. Esch wurde in zwei Verfahren unter anderem wegen Untreue und Betrugs zu insgesamt sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach vier Jahren entlassen, siedelte er 1989 in die USA über.

Obwohl er offiziell „sein ganzes Vermögen verloren“ hatte, so Esch am Rande eines Prozesses, kaufte er seiner Tochter umgehend für angeblich rund 10 Millionen Mark Wilhelmina, eine der gößten Model-Agenturen der Welt. Mit den Models und anderen Aktivitäten setzt die Esch-Gruppe inzwischen nach eigenen Angaben um die 50 Millionen Dollar um. Da können Rückschläge wie der mit dem Unterhaltungskoch Hans-Peter Wodarz auch nicht schrecken: Dessen erfolgreichen Klamauk- Freß-Zirkus „Pomp, Duck & Circumstance“ wollte Esch von Berlin in die USA verpflanzen und damit im Olympiajahr 1996 groß rauskommen. Doch die Amis fanden weder am deutschen Humor noch am deutschen Essen Geschmack. Ohne Pomp wurde die lahme Germanenente begraben. Reiner Metzger

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