Schwarzarbeiter zählt die Statistik nicht

■ Wirtschaftsinsitut IW: In Wirklichkeit sind in Deutschland mehr Leute erwerbstätig, als die Statistik behauptet. Düstere Arbeitsplatzprognosen für 1997

Köln (taz/AP) – Die im Dunkeln sieht man nicht: In Wirklichkeit schlügen sich in Deutschland erheblich mehr Leute auf dem Arbeitsmarkt durch, als die offizielle Erwerbstätigenstatistik glauben macht. Dies jedenfalls behauptet das arbeitgebernahe Wirtschaftsinstitut IW in Köln.

Die offizielle Erwerbstätigenstatistik berücksichtige Selbständige, Existenzgründer, geringfügig Beschäftigte und Schwarzarbeiter nicht oder nur unzureichend, kritisierten die Wirtschaftswissenschaftler gestern. So habe bereits im April 1995 der Mikrozensus 1,3 Millionen Erwerbstätige mehr zutage gefördert als die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung. Auch die Handwerkszählung habe eine Million zusätzliche Arbeitsplätze ans Licht gebracht.

Der sogenannte Mikrozensus beruht auf einer Befragung von einem Prozent aller Haushalte. Die offizielle Erwerbstätigenstatistik hingegen berücksichtigt unter anderem die Daten von Sozialversicherungsträgern und Unternehmensmeldungen. „Schwarzarbeit, die statistisch erfaßt ist, kann es ja wohl nicht geben“, hieß es dazu trocken aus dem Statistischen Bundesamt in Wiesbaden.

Ansonsten verkündeten die IW- Forscher für dieses Jahr gemischte Nachrichten. Dabei beriefen sie sich auf die Prognosen von acht führenden Wirtschaftsinstituten. Zunächst die gute Nachricht für das just begonnene Jahr: Die Preise steigen nur wenig; die Teuerungsrate bleibt mit 1,5 Prozent erneut unter der magischen Zwei- Prozent-Marke.

Jetzt die schlechte: 1997 werden vier Millionen Arbeitslose einen Job suchen. Und: Besserung ist nicht in Sicht. Der Arbeitsplatzabbau wird zwar nach Einschätzung des IW in diesem Jahr „nach und nach zum Stillstand kommen“. Das reicht aber nicht, um den stärker werdenden Strom der Erwerbssuchenden aufzufangen.

Fast alle renommierten Konjunkturforscher in Deutschland erwarten für 1997 ein Wachstum des realen Bruttoinlandproduktes von 2,5 Prozent. Nur das DGB-Institut WSI stapelt mit düsteren 1,9 Prozent etwas tiefer, so berichtet das IW. Die Mehrheit der Institute prognostiziere für Westdeutschland eine höhere Wachstumsrate als für Ostdeutschland. Dies sei kein gutes Zeichen für den Aufholprozeß im Osten, meinten die Kölner Experten.

Wachstumsmotor für die Konjunktur dürfte nach übereinstimmender Ansicht der Forscher der Exportsektor bleiben. Dennoch wird der deutsche Außenhandel nach Einschätzung des IW 1997 im internationalen Wettbewerb Marktanteile verlieren. Denn der Welthandel dürfte um real 7,5 Prozent zulegen. Bei den deutschen Warenexporten sei dagegen nur mit einem mengenmäßigen Wachstum von sechs Prozent zu rechnen. BD