: „Egon“ steht vor der PDS-Fraktion
■ Stasi-Zuträger und PDS-Sprecher Harnisch ist noch im ORB-Rundfunkrat
Berlin (taz) — Hanno Harnisch hatte es selbst angeregt, die PDS- Fraktion im Landtag von Brandenburg folgte seiner Empfehlung. Heute wird der 44jährige, der vergangene Woche eine 13jährige Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) der Stasi einräumte, sich vor den PDS—Abgeordneten erklären. Nicht als Pressesprecher der Bundespartei, sondern als PDS- Vertreter im Rundfunkrat des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg (ORB). Harnisch will seinen Stuhl im 23köpfigen Gremium nicht räumen. Seinen Brandenburger PDS-Kollegen empfahl er, erst einmal „zu gucken und zu prüfen“. Dies sei „allemal besser, als eilfertig imaginären oder tatsächlichem Druck nachzugeben“.
Harnisch war von 1976 bis 1989 als IM geführt worden, nachdem er zuvor während seines Studiums in der Sowjetunion durch die Stasi in eine „Nötigungssituation“ gebracht worden war. Unter anderem hatte der spätere Rundfunkredakteur Auskünfte über die DDR- Schriftstellerinnen Monika Maron und Katja Müller-Lange geliefert.
Harnisch wurde Anfang der 90er Jahre von der Brandenburger PDS in den ORB-Rundfunkrat entsendet. Eine rechtliche Handhabe, ihn aus dem Gremium zu entfernen, gibt es nicht. Der Versuch des Rundfunkrats, alle Mitglieder auf Stasi-Mitarbeit zu überprüfen, scheiterte bei der Konstituierung vor fünf Jahren. Das Gremium sei eben kein Arbeitgeber, beschied damals für die Stasi-Akten zuständige Gauck-Behörde. Ironie der Geschichte: Der Rundfunkrat wiederum beschloß eine Stasi-Kontrolle aller festen ORB—Mitarbeiter und „programmprägende Freie“ — was zu zahlreichen Entlassungen führte. Der Vorsitzende des ORB-Rundfunkrats, Lutz Borgmann, sind im Fall Harnisch die Hände gebunden. „Mehr als eine sanfte Empfehlung können wir nicht geben“, sagt der 64jährige. Möglich wäre aber auch, daß sich die PDS-Fraktion heute entschließt, Harnisch solle vorerst seinen Posten im Rundfunkrat ruhen lassen.
Unterdessen erhöhte sich der Druck auf Harnisch. Zu Meldungen des Spiegel, die Stasi habe ihn bereits 1971 vor seinem Wehrdienst bei den DDR-Grenztruppen als „Gesellschaftlicher Mitarbeiter Sicherheit“ geführt, erklärte Harnisch gegenüber der taz: „Eine Registrierung erfolgte ohne meine Kenntnis“. Es habe „unverbindliche“ Gespräche gegeben: „Ich hätte damals als 19jähriger mit dem Teufel geredet, um den Sozialismus zu schützen“. Harnisch bestätigte, von der Stasi über einen damaligen Schulfreund, dem heutigen Berliner dpa-Medienredakteur Hannes Bahrmann befragt worden zu sein. Er habe ihm aber nicht geschadet. Severin Weiland
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