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Etat elektrisch aufgeladen

HEW-Deal für den Haushalt: PreussenElektra und die schwedische Sydkraft kaufen 25 Prozent der Aktien für 1,3 Milliarden Mark  ■ Von Silke Mertins

Mit verbalen Freudentänzen gab der Senat gestern den Verkauf von 25 Prozent der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) bekannt: 12,5 Prozent gehen an den Hannoveraner Strom-Multi PreussenElektra (Preag) und weitere 12,5 Prozent an den zweitgrößten schwedischen Stromproduzenten Sydkraft. Die Stadt Hamburg behält vorerst 50,1 Prozent des Kapitals und 54,1 des Stimmanteils. 1,3 Milliarden Mark erbrachte der Strom-Deal.

Das Geschäft als „gelungen“ zu bezeichnen, frohlockte Bürgermeister Henning Voscherau (SPD), wäre „hanseatisches Understatement“. Es sei ein „sehr gutes Verhandlungsergebnis“, das die Unterhändler Finanzsenator Ortwin Runde und Umweltsenator Fritz Vahrenholt (beide SPD) erzielt hätten.

„Wir haben aus der haushaltspolitischen Not eine finanzpolitische Tugend gemacht“, eigenlobte Vahrenholt. Denn auch ohne die Haushaltsklemme sei der Verkauf umweltpolitisch vernünftig. Hamburg verschaffe sich mit den neuen Aktionären Zugang zum Stromkabel „Baltic Cable“. Damit könne der beabsichtigte Ausstieg aus der Atomenergie beschleunigt werden.

Zusammen mit den HEW betreibt die Preag allerdings bereits die Atommeiler Brunsbüttel, Brokdorf, Stade und Krümmel. Auch Sydkraft ist kein AKW-Feind: Sie unterhält das einzige schwedische Atomkraftwerk. Gleichberechtigte Käufer sind die Neuaktionäre zudem nicht wirklich: Preag ist mit 27 Prozent größter Sydkraft-Aktionär.

Mit dem gestrigen Deal ist eines der größten Energie-Geschäfte der vergangenen Jahre perfekt. Während des langen Verhandlungspokers stieg der Wert der Aktie um über 100 Prozent: Lag er im Januar 1995 noch bei 250 Mark, konnte der Senat nun 565 Mark pro Aktie einstreichen.

Auch dem Leckerbissen Landesbank, den der Senat ebenfalls zum Wohle des Haushaltslochs verscherbeln will, wurde ein Sahnehäubchen aufgesetzt. Mit im verkauften Aktienpaket sind die 3,79 Prozent, die der Landesbank gehören; 200 Millionen der insgesamt 1,3 Milliarden Mark Verkaufsgewinn gehen an das Kreditinstitut.

Gedeckt ist mit dem ersten großen Tafelsilber-Verkauf aber nur der Etat 1996. Zugleich geht der Stadt die üppige Dividende der HEW – 80 bis 120 Millionen im Jahr – verloren. Die will der optimistische Finanzsenator Runde durch eine „Dividendenerhöhung“ – mehr Effizienz bringe mehr Gewinn – reinholen.

Daß die 25 HEW-Prozente nur die erste Rate sind, damit hat sich der Umweltsenator bereits abgefunden. 1998 sind wohl die nächsten 25 Prozent HEW-Aktien dran. Die beiden Käufer erwarben bereits Optionen auf weitere Anteile.

Mit dem Stromdeal gibt Hamburg seine „satzungsändernde Mehrheit“ auf, kritisiert GALier Holger Matthews. „Ökologische und energiepolitische Umorientierungen“ der HEW würden damit erschwert. Der SPD-Landeschef Jörg Kuhbier hingegen stimmt dem Geschäft „uneingeschränkt zu“.

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