: Verdacht auf News
Die SPD-Ministerpräsidenten Beck und Eichel wollen, daß der ARD/ZDF-Ereigniskanal Phönix startet ■ Von Lutz Meier
Der Ministerpräsident enthielt sich der versteckten Vorsichtsfloskeln, die sonst im Politikgeschäft üblich sind: Er glaube, sagte der Mainzer Regierungschef Kurt Beck dem WDR, „daß es im Zweifelsfall auch des Mutes und der Entscheidungsfreude der Intendanten bedarf, das zu tun, was ihres Amtes ist und zu sagen: Wir beginnen damit.“
Klarer hätte Beck die Aufforderung kaum fassen können, mit dem Ereigniskanal Phönix zu starten, unabhänigig davon, was die angekündigte Überprüfung ergibt, die Beck gerade erst im Dezember mit seinen Ministerpräsidentenkollegen beschlossen hatte. Gemeinsam mit dem ZDF-Intendanten, dem ARD-Vorsitzenden und dem Chef der unabhängigen Gebührenkommission KEF wollen sie sich am 7. Februar noch einmal über das Phönix-Programm beugen und sicherstellen, daß kein Nachrichtenkanal daraus wird. Einen Nachrichtenkanal gibt es nämlich schon, das private Berliner n-tv, und das wollten der Berliner Bürgermeister Eberhard Diepgen und seine Unionskollegen schützen, als sie den Prüfungsbeschluß herbeiführten. Bevor der Nachrichtencharakter des Programms nicht gegenüber den Ministerpräsidenten widerlegt ist, so Thüringens Bernhard Vogel im Dezember, dürften ARD und ZDF nicht anfangen. Ein fragwürdiges Ansinnen: Denn den Sendern inhaltlich reinzureden, ist den Regierungschefs gar nicht gestattet.
Dennoch scheint besonders beim ZDF die Neigung groß, den Wünschen aus der Politik entgegenzukommen. Bevor die Anstalten ihre (vom Verfassungsgericht garantierte) Programmautonomie reklamieren, wird nun vorauseilend in der Nachrichtenkanalfrage reagiert. So haben die Phönix-Planer bereits das ARD/ZDF-Morgenmagazin aus dem Programmschema getilgt. Dessen Aufnahme war aus dem Kreis der Regierungschefs moniert worden.
Jetzt fordern die SPD-Länderchefs die Anstalten zum Selbstbewußtsein auf. Dabei hatten sie den Beschluß im vorweihnachtlichen Harmoniebedarf nach den erbitterten Kämpfen um den Rundfunkstaatsvertrag zunächst durchgehen lassen – und damit eine neuerliche Verschiebung der medienpolitischen Paradigmen in Kauf genommen. Beck wie auch sein hessischer Kollege Hans Eichel kündigten für den Fall einer Blockade von Phönix nun den Gang zum Verfassungsgericht an.
Im Dezember hatten die Regierungschefs auch eine Überprüfung der geplanten ARD-Digitalangebote beschlossen. Die SPD-Länder halten diese für rechtmäßig und argumentieren mit einem Passus aus dem Bericht der unabhängigen KEF. KEF-Chef Rainer Conradt widerspricht. Die Mittelfreigabe der KEF für Digitales, so Conradt zur taz, „bezieht sich ausschließlich auf die technische Verbreitung“. Andererseits, sagte der Finanzkontrolleur, „wollen wir die Anstalten nicht an der Flexibilität ihrer Programmgestaltung hindern“. Über beide Themen will die KEF nächste Woche diskutieren.
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