: Zaghafter Schritt zur Solargesellschaft
■ „Kostenorientierte Vergütung“ soll die Produktion von Sonnenstrom massiv erhöhen. Greenpeace: Maßnahmen sind unzureichend. Bewag investiert 40 Millionen in Förderung regenerativer Energien
Der Streit um eine kostendeckende Einspeisevergütung für Solarstrom ist vorläufig beendet. Gestern unterzeichneten Umweltsenator Peter Strieder (SPD) und der Bewag-Vorstandsvorsitzende Dietmar Winje den Vertrag „Energie 2000“, mit dem die Förderung regenativer Energien für die nächsten vier Jahre mit einem Volumen von insgesamt 40 Millionen Mark festgeschrieben wird.
Herzstück des Vertrages ist die Einspeisevergütung für Solarstrom. Statt einer von Umweltschützern und dem Abgeordnetenhaus geforderten Bezahlung des Sonnenstroms zum Preis der Erzeugung wird es demnach aber nur eine „kostenorientierte Vergütung“ geben. Greenpeace wies darauf hin, daß der Betrieb von Solarstromanlagen weiterhin ein Verlustgeschäft bleibe.
In der Vereinbarung garantiert die Bewag den Betreibern von Photovoltaikanlagen einen Investitionszuschuß von bis zu 7.250 Mark pro Kilowattstunde. Die verbleibenden Kosten sollen durch die Einspeisevergütung aufgefangen werden, die für 1997 81 Pfennig pro Kilowattstunde beträgt, für 15 Jahre bezahlt werden soll und auf einer „Solarstrombörse“ jährlich neu verhandelt wird (siehe Seite 6). Damit kann laut Strieder eine Anlage auf einem Einfamilienhaus „wirtschaftlich über 15 Jahre betrieben werden“.
Das allerdins bezweifelt Greenpeace. Für die Organisation sind Zeitraum und Höhe der Förderung nicht ausreichend. „Die Förderung müßte 20 Jahre laufen“, erklärte Solarexperte Dag Schulze. „So bleibt die Deckung etwa bei 80 Prozent.“
Die Vereinbarung sei „keine karitative Veranstaltung“, meinte dagegen Strieder, sondern der Versuch, über den Druck auf den Preis mittelfristig zu immer billigeren Photovoltaikanlagen zu kommen. Auch Bewag-Chef Winje betonte, es handele sich bei der Vereinbarung um eine „marktkonforme Maßnahme“, weswegen er überhaupt nur zugestimmt habe.
Überhaupt ist für Winje noch nicht klar, ob die Photovoltaik trotz des jetzt aufgelegten Förderprogrammes eine Zukunft hat. So hielt sich die Bewag nicht nur die Finanzierung des 40-Millionen- Topfes offen: Das Unternehmen, das im letzten Geschäftsjahr einen Umsatz von 4,2 Milliarden Mark machte, finanziert das Programm aus seinen Rücklagen, hat aber auch die Möglichkeit, die Maßnahmen auf die Preise umzulegen.
Außerdem steckt die Bewag etwa die Hälfte des gesamten Geldes in ein ganzes Bündel von Maßnahmen zur Förderung und Erforschung anderer regenerativer Energien: So sollen neben der Einspeisevergütung Photovoltaik- Großanlagen errichtet werden, an denen die Bewag zu 20 Prozent beteiligt ist und die BürgerInnen Anteile zeichnen können. Wer will, kann für seinen Strom über das sogenannte Greenpricing mehr als gefordert in einen Solarförderfonds einzahlen, den die Bewag aus eigenen Mitteln weiter aufstockt.
In Schulen und Beratungszentren sowie mit Anzeigenkampagnen soll für regenerative Energien geworben werden. Die Bewag entwickelt eine Anlage, um billiger solare Heizungssysteme zu bauen, fördert die Entwicklung von Wärmepumpen und einer neuen Brennstoffzelle und plant schließlich die Errichtung einer Solartankstelle für Elektromobile und die Ausnutzung der Windenergie. Bernhard Pötter
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