: Der Notfall am Nobistor
Hafenkrankenhaus: Ambulanz im Kiez-Hotel „Ibis“ soll nach Plänen von Kassen, Behörde und Ärzten die Traditionsklinik ersetzen ■ Von Sven-Michael Veit
„Der Standort ist gut“, sagt Ulrike Zeising, „wir stehen voll dahinter.“ Am Nobistor soll, das bestätigte die Sprecherin der Hamburger AOK gestern gegenüber der taz, die neue Notfallambulanz für St. Pauli entstehen. Die als Ersatz für das Hafenkrankenhaus gedachte Einrichtung im Erdgeschoß des Kiez-Hotels „Ibis“ soll spätestens zum Jahresende betriebsbereit sein. Bis dahin werde eine Notfallambulanz im Hafenkrankenhaus, das nach den Plänen von Gesundheitssenatorin Helgrit Fischer-Menzel (SPD) und des Landesbetriebes Krankenhäuser (LKH) zum 28. Februar geschlossen wird, die medizinische Versorgung des Stadtteils aufrechterhalten.
Die Idee für die Ambulanz am Nobistor stammt von der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KV), die diese Einrichtung betreiben würde, so KV-Chef Michael Späth. Mit zehn Ärzten und einem 17köpfigen Pflegeteam solle dort rund um die Uhr und sieben Tage die Woche gearbeitet werden. Die Kosten schätzt Späth auf gut fünf Millionen Mark jährlich. Die Einzelheiten der Finanzierung wollen KV, Krankenkassen und Gesundheitsbehörde heute abend in einem „Spitzengespräch“ klären. Unklarheit herrscht ebenfalls noch über die Kosten für den Umbau der 800 Quadratmeter großen Erdgeschoßfläche am Nobistor. „Zwischen einer und zwei Millionen Mark“, schätzt AOK-Sprecherin Zeising, seien dafür wohl aufzubringen. Die Gesundheitsbehörde sieht das gelassen. „Wir zahlen keinen Pfenning dazu“, so Behördensprecherin Tordis Batscheider zur taz, das sei „ Sache der Kassen und der KV“.
Ihre Senatorin hatte den Standort Nobistor am Dienstag abend in der Bezirksversammlung Mitte vorgestellt und dafür von allen Fraktionen Kritik geerntet. Die Notfallambulanz müsse im Hafenkrankenhaus am Zirkusweg erhalten bleiben, forderte SPD-Fraktionschef Jan-Hinrich Fock, der Standort Nobistor „ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel“. Sonst würde der Eindruck entstehen, die SPD ließe „den Stadtteil im Stich“. Die Sozialdemokraten fürchten nicht ganz zu Unrecht, für die Schließung der Traditionsklinik bei den Wahlen im September heftig abgestraft zu werden. GAL und CDU warfen der Gesundheitssenatorin auf der Sitzung der Bezirksversammlung erneut vor, das Hafenkrankenhaus für Spekulationszwecke zu opfern. Der Verkauf des „Filetgrundstückes“ würde nach Schätzungen von Experten 60 bis 80 Millionen Mark ins Hamburger Stadtsäckel fließen lassen.
Rolf-Peter Krause, Personalratsvorsitzender im Hafenkrankenhaus, kann in einer Ambulanz am Nobistor „keine Lösung des Problems“ sehen. „Ohne den stationären Hintergrund einer Klinik“ mache das alles keinen Sinn. Insofern sei es völlig egal, wo im Stadtteil „ein Fischer-Menzel-Verbandplatz“ entstehe. „Der Notfall am Nobistor ist kaum mehr als eine Notlüge“, kommentierte gestern auch Peter Zamory, Arzt und Gesundheitsexperte der GAL-Bürgerschaftsfraktion. „Dieses Placebo“ könne das Hafenkrankenhaus „nicht ersetzen“.
Dessen Ende soll scheibchenweise kommen. Am morgigen Freitag wird die Station D geschlossen, die anderen fünf Stationen der Klinik sollen bis Ende Februar ebenfalls ihre Türen für Patienten schließen.
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