Rechtswidrig gekürzt

■ OVG: Sozialhilfesenkungen bei Flüchtlingen aus Bosnien unzulässig

Hannover (taz) – Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien haben nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg Anspruch auf ungekürzte Leistungen nach dem Bundesozialhilfegesetz. Der 4. Senat des Gerichts hat jetzt in einer Eilentscheidung der Klage eines aus der Region Tuzla stammenden Bosniers stattgegeben, der eine 20prozentige Sozialhilfekürzung durch den Landkreis Hildesheim nicht hingenommen hatte.

Die Kürzung der Sozialleistungen für alle Flüchtlinge aus Bosnien auf das Niveau des Asylbewerberleistungsgesetzes war erst im vergangenen Herbst von der Länderinnenministerkonferenz beschlossen und in Niedersachsen Ende September durch einen Erlaß von Innenminister Gerhard Glogowoski (SPD) durchgesetzt worden.

Nach dem Ausländergesetz ist eine Kürzung der Sozialhilfesätze von Bürgerkriegsflüchtlingen möglich, wenn diese die Gründe für die Duldung selbst verursacht haben. Dies ist nach Ansicht des Innenministeriums bei bosnischen Flüchtlingen der Fall, weil diese die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr haben. Dem widersprach das OVG. „Wenn sich eine Abschiebung der Flüchtlinge aus humanitären Gründen verbietet, darf man von diesen auch keine freiwillige Rückkehr verlangen“, hieß es seitens des Gerichts.

Ein Sprecher des Innenministeriums nannte gestern das OVG- Urteil „verbindlich für Niedersachsen“, der Sozialhilfekürzungserlaß bleibe allerdings weiter in Kraft. Das Land wolle jetzt zunächst weitere Entscheidungen des OVG abwarten. Bundeslandweit hatten sich etwa 500 Bosnier vor den Verwaltungsgerichten gegen die Kürzungen gewehrt und meist Recht bekommen (Az.: 4 M 7062/969). Jürgen Voges