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■ KommentarFalsche Gemeinsamkeit

Wie der neue Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus künftig begangen werde, liege an jedem einzelnen, erklärte Bundespräsident Roman Herzog vor einem Jahr. Doch die Umdeutung des Gedenktages durch seinen CDU-Kollegen Herwig Haase wird er damit nicht gemeint haben.

Mit seiner Erklärung, in die Erinnerung an die Opfer des Holocaust auch die Täter einzuschließen, hat Parlamentspräsident Haase eine beispiellose politische Instinktlosigkeit begangen. Am Tag der Befreiung von Auschwitz zugleich der gefallenen Soldaten zu gedenken, ist eine Verhöhnung der Opfer.

Haases Versuch, durch die Gleichsetzung der Leiden von Opfern und Tätern eine „Gemeinsamkeit“ herzustellen, ist nicht nur verfehlt, sondern auch eine Zumutung für die Opfer. Die von Haase gewünschte „gemeinsame Erinnerung an die gemeinsame Vergangenheit“ kann es nicht geben, weil es keine gemeinsame Vergangenheit von Tätern und Opfern gibt.

Haases Umdeutung knüpft nahtlos an die umstrittene Umgestaltung der Neuen Wache an. Die 1993 eingeweihte „Zentrale Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“ wurde zum Präzedenzfall für das Gleichmachen von Opfern und Tätern.

Doch anders als Alleinherrscher Kohl, der die Gestaltung der Neuen Wache per Dekret durchsetzte, vertritt Haase als Parlamentspräsident das Parlament als Ganzes. In dieser überparteilichen Funktion hat er mit dieser Erklärung auf der ganzen Linie versagt. Dorothee Winden

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