piwik no script img

Abschiebehäftlinge ohne Zigaretten

■ Asylgruppe Ostertor: „Wir sind keine ehrenamtlichen Hampelmänner“ / Kritik an Versorgung von Abschiebehäftlingen

Ab Montag wird das Leben für Abschiebehäftlinge wieder leichter und besser. Denn am Montag tritt im Polizeigewahrsam in Oslebshausen, dem Bremens Abschiebehäftlinge rechtlich zugeordnet sind, wieder der Regelfall ein – obwohl auch im Regelfall die Versorgung von Abschiebehäftlingen „nicht ganz befriedigend gelöst“ ist, wie auch der Sprecher der Sozialbehörde einräumt.

Was ist „die Versorgung im Regelfall“? Ganz einfach: Jeder Häftling im roten Ziegelbau der JVA Oslebshausen bekommt montags ein kleines Taschengeld, für den nötigsten privaten Bedarf. Das erledigt Frau C., per BSHG-19-Stelle beim Sozialamt für die Betreuung der Abschiebehäftlinge angestellt. Auf Wunsch geht sie mit den 18-Mark für die Inhaftierten auch einkaufen. Zigaretten, Tee, Zucker, Telefonkarten, manchmal Kleider. Alles so billig wie möglich. Per Straßenbahn. Auch donnerstags schaut Frau C. vorbei.

In den vergangenen Wochen allerdings herrschte Ausnahmezustand: Niemand hatte Ersatz für Frau C's Urlaubszeit organisiert. Die Ausländerbeauftragte Dagmar Lill sagt: „Sowas läßt sich mit dem Personalrat nicht so schnell aushandeln.“ Die Asylgruppe Ostertor tippt auf „vergessen; Skandal“. Die Sozialbehörde erklärt: „Wir sind nur freundlich, indem wir überhaupt eine BSHG-Hilfe anbieten. Die Betreuung im Polizeigewahrsam ist Aufgabe des Innenressorts.“ Dort aber war gestern niemand zu sprechen. Dabei gibt es neue Klagen. Die Asylgruppe

Ostertor vermeldet Notanrufe.

„Die Leute sagen, sie haben für das Wochenende keine Zigaretten kaufen können.“ MitarbeiterInnen der Asylgruppe sind nicht nur sauer, weil es schon wieder „am Nötigsten fehlt.“ Sondern auch, weil sie die Versorgungspanne bereits vor über einer Woche audeckten. Daraufhin hinterfragten die Grünen in der Bürgerschaft die Situation. Die Antwort der Sozialbehörde empörte die Asylgruppe erst recht, denn da heißt es: „Die Einkäufe sollen vorübergehend (d.h. in Vertretung für Frau C., Anm. d. Red.) durch ehrenamtliche Personen geleistet werden.“ Gemeint sei die Asylgruppe Ostertor, bestätigt ein Autor der senatorischen Antwort.

Möglich, daß sie nicht gefragt worden sei. „Wir dachten, die machen das gerne.“ Von wegen, sagten Gruppenmitglieder: „Wir sind doch nicht die Hampelmänner des Bremer Senats. Daß wir den Knast beobachten, ist eine politische Aufgabe. Einkaufen soll jemand anders.“ ede

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen