piwik no script img

Endspurt im Kampf um das Stromkartell

■ Beim Feilschen um den Berliner Stromversorger Bewag bieten noch ein deutsches Konsortium und der US-Konzern Southern Company. Ein Zuschlag für Southern würde das deutsche Strommonopol brechen

Berlin (taz) – Das Tauziehen um den größten deutschen Energiedeal geht in seine entscheidende Phase. Vergangene Woche entschied das Berliner Abgeordnetenhaus mit den Stimmen von CDU und SPD, die landeseigenen Anteile von 50,8 Prozent am Stromversorger Bewag zu verkaufen. Drei Milliarden Mark sollen damit in die leeren Kassen kommen. Bis Ende Februar soll der Handel perfekt sein.

Mit dem Verkauf des nach Umsatz sechstgrößten deutschen Stromkonzerns entscheidet sich, ob zum erstenmal einem ausländischen Stromkonzern der Einstieg in den bislang abgeschotteten deutschen Strommarkt gelingt – oder ob das Kartell der deutschen Stromer weiterhin das Territorium unter sich aufteilt. Von den ursprünglich fast 30 Interessenten sind inzwischen nur noch zwei übriggeblieben: der US-amerikanische Stromkonzern „Southern Company“ aus Atlanta im US- Bundesstaat Georgia und eine Gruppe der deutschen Stromkonzerne Veba, Viag und HEW.

Das Bundeskartellamt und kritische Energieexperten favorisieren als kleineres Übel den ausländischen Bewerber, um den deutschen Markt endlich für den Wettbewerb zu öffnen und der Bewag ihre ehrgeizigen klimapolitischen Ziele zu sichern. Die Berliner CDU unter ihrem Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky pocht allerdings darauf, daß die Bewag deutsch bleiben muß.

Bis vor kurzem erschien ein Verkauf ins Ausland wahrscheinlich: Die Berliner Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) hatte erklärt, sie wolle ausländische Bieter bevorzugen. Dann aber zog sich der britische Konzern PowerGen ebenso zurück wie die US-Firma Enron. Hinter den Kulissen war von CDU-Störmanövern die Rede, die zu einer kleinen Koalitionskrise führten. Die Finanzsenatorin drohte sogar, trotz des gähnenden Haushaltslochs die Verhandlungen abzubrechen und neu auszuschreiben, wenn die Ausländer absprängen.

Doch wenigstens Southern Company hielt an seinem Angebot fest. Der amerikanische Konzern gilt in der Branche als sensationeller Newcomer: Der größte und dynamischste Energiekonzern der USA mit einem Gesamtumsatz von 10,3 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr (Bewag: 4,2 Milliarden Mark) und einem Gewinn von 1,1 Milliarden US-Dollar (Bewag: 170 Millionen Mark) hat weltweite Expansionspläne. Neben Beteiligungen in Südostasien hat sich Southern in den vergangenen Jahren bei Stromversorgern in Argentinien, Chile und in der Karibik eingekauft. In Europa beteiligte sich Southern am britischen Regionalversorger South Western Electricity.

Die deutschen Stromgiganten wollen sich allerdings nicht so schnell geschlagen geben. Ihr größter Vorteil ist die Berliner Angst vor einem hart kalkulierenden und rationalisierenden US-Konzern. Ihr größtes Problem ist das Kartellrecht: Preag und Bayernwerk, die Töchter von Veba und Viag, sitzen bereits mit zehn Prozent des Kapitals und 14 Prozent der Stimmanteile bei der Bewag am Tisch. Da der Preag bereits die Versorgungsunternehmen im Berliner Umland gehören, hat das Kartellamt Widerspruch gegen jede weitere Beteiligung der Preag angemeldet. Deshalb marschieren die Konzerne getrennt: Nach Informationen des Handelsblatts haben sie ein abgestimmtes Konzept vorgelegt, nach dem die Preag 14 Prozent und Viag und HEW gemeinsam 36,8 Prozent erhalten sollen.

Wenn das Kartellamt auch dann noch wegen der marktbeherrschenden Stellung der Preag Einspruch erhebt, haben die deutschen Konzerne noch einen energiepolitischen Kuhhandel in petto: Nach internen Szenarien und einer Absprache mit dem Kartellamt könnte die Preag sich von ihren Energieunternehmen im Berliner Umland, der Potsdamer Mevag und der Ose in Frankfurt (Oder) trennen – und dafür kartellrechtlich bei der Bewag grünes Licht bekommen. Bernhard Pötter

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen