■ Vorschlag: Klare Lettern: Die Geschichte des DDR-Plakats in der Kulturbrauerei
1966 war ein bedeutendes Jahr für das DDR-Plakat. Denn um diese Art Gebrauchsgraphik zu fördern und das Plakat als Kunstwerk öffentlich zu machen, wurde damals zur Prämierung der 100 besten Plakate des Jahres gerufen – und somit die Funktion und Rolle der Werbung auch im sozialistischen Nachbarland neu bestimmt. Anläßlich des 30jährigen Bestehens dieses Wettbewerbs, der seit 1991 gesamtdeutsch fortgeführt wird, zeigt die Kulturbrauerei eine Ausstellung mit dem Titel „100 Plakate aus 30 Jahren Wettbewerb um die besten Plakate des Jahres“. Chronologisch führt die Ausstellung die Geschichte und Entwicklung von 1966 bis 1989 vor Augen, ab 1990 dann in die vereinigte Plakatgeschichte überleitend.
Hatte die DDR-Plakatkunst meist typographisch oder illustrativ gearbeitet, wurde im Westen eine Bildidee eher fotografisch umgesetzt. Im Bereich der ostdeutschen Plakate sind klare typographische Bilder eines Gert Wunderlich mit den Lettern „Tod dem Faschismus“ (1975) ebenso augenfällig wie die äußerst sorgfältig gearbeiteten großformatigen Theaterplakate eines Rudolf Grüttner, beispielsweise das Fidelio-Plakat (1970) für die Staatsoper Dresden. In der Kulturbrauerei werden ihnen die mit Fotomontagen arbeitenden Künstlergruppen Grappa und Cyan gegenübergestellt.
So unterschiedlich die technische Umsetzung, so auch die motivische Palette, die von politischer Arbeit über Theater- und Filmplakate bis zum Ausstellungsposter reicht. So ist beispielsweise ein Plakat von Albrecht von Bodecker (1974) anläßlich der Ausstellung „Zeichenkunst der deutschen Romantik“ im Alten Museum mit barbusigen und gouvernantisch streng blickenden Grazien eines Julius Schnorr v. Carolsfeld (1794-1872) ebenso zu bestaunen wie das PDS-Wahlplakat von Eckhard Jung (1990). Jungs Bildgestaltung kommt mit einem Brillengestell als zeichnerischem Element aus: Gysis Name wird einfach so aufgespalten, daß einem nur noch das italienische SI ins Auge springt. Martina Klose
Bis 16.2., Mi.--So., 16-21 Uhr, Kulturbrauerei (Galerie im Pferdestall), Knaackstr. 97 (Katalog: 18 DM)
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