: Ausstieg durch den Einstieg?
■ Kiels Energieminister Möller zur Lage nach dem HEW-Verkauf
Atomausstieg olé oder ade? Gegenüber der taz äußerte sich gestern Schleswig-Holsteins Energieminister Claus Möller (SPD) erstmals über die Folgen des Teilverkaufs der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) für die norddeutsche Energiepolitik. Sein Fazit: Die Ausstiegschancen hätten sich durch den Einstieg der Preußen Electra (Preag) eher verbessert.
Zum einen, so Möller, seien die HEW bislang „nicht gerade zügig an die Umsetzung der Satzungs-Klausel“ herangegangen, die einen Atomausstieg des Energieversorgers vorsieht, sobald dieser ökonomisch vertretbar sei. Anders als die HEW würde die Preag zudem „eine pragmatische Energiepolitik betreiben“, wie sich an der Abschaltung des Atommeilers in Würgassen gezeigt hätte. Den HEW hatte Möller in der Vergangenheit vorgeworfen, den reparaturanfälligen Alt-Meiler Brunsbüttel bar jeder ökonomischen Logik für Millionen immer wieder zu flicken, statt ihn durch ein modernes, abgasarmes Kohlekraftwerk zu ersetzen.
Zudem, so der Kieler Energieminister, sei die Preag in ihrer Energiepolitik flexibler und von einzelnen Atomkraftwerken unabhängiger, da sie bereits heute über Strom-Überkapazitäten verfüge und Energie aus Skandinavien beziehe. „Spätestens im Jahr 2003“, so Möller, schlage für HEW und Preag „die Stunde der Wahrheit“. Da ab diesem Zeitpunkt rund 1000 Megawatt Wasserkraft-Strom aus Norwegen nach Norddeutschland fließen sollen, sei es dann laut HEW-Satzung „notwendig“, den Brunsbüttler Atommeiler stillzulegen.
„Keine neue Situation“ sieht Möller bei einem möglichen Interessenkonflikt zwischen seinem Job als Energiesenator und seiner Funktion als von der Veba entsandtes Mitglied des Preag-Aufsichtsrates. Er habe dort immer „offen und ehrlich die Fahne des Atomausstiegs hochgehalten“ und werde das auch in Zukunft tun. Anders als bei den HEW, die Möllers Vorgänger Günter Jansen wegen seiner Ausstiegs-Politik aus ihrem Aufsichtsrat herauskatapultiert hatten, würden atomkritische Positionen in dem Preag-Kontrollgremium „toleriert“. Marco Carini
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen