piwik no script img

Knast-Einbrecher geflohen

■ Verurteilter Drogenhändler brach im Knast ein und verschwand spurlos / Neues aus der JVA Oslebs

In Bremen gibt es nicht nur Knast-Ausbrecher, sondern auch „Einbrecher“. Ein solcher ist seit dem 12.1. flüchtig: Sahin N., wegen Drogenhandels zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt, hat an diesem Tag kurz nach Mitternacht in der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen eingebrochen. Er verbüßte dort den letzen Teil seiner Strafe als Freigänger und hätte sich am 12. Januar um 18 Uhr aus dem „Urlaub“ zurückmelden sollen. Er kam nicht – was im offenen Vollzug immer wieder vorkommt. Am frühen Morgen hatte er, kurz nach Mitternacht, von außen die Fensterscheibe seines eigenen Haftraumes eingeschlagen, war eingestiegen und hatte den Spind aufgebrochen – das ist einigermaßen einmalig in der Bremer Justizgeschichte, bestätigt die Sprecherin des Ressorts, Lisa Lutzebäck.

Was ihn bewegt haben könnte, liegt auf der Hand: Zwei Tage vor dem 12.1. hatte die Polizei die Wohnung der Frau des Sahin N. durchsucht und unter anderem erhebliche Mengen Drogen gefunden. Seitdem sitzt sie in Untersuchungshaft mit drei anhängigen Ermittlungsverfahren. Wenn sich ihr Mann, Sahin N., zwei Tage später ordentlich in dem offenen Vollzug zurückgemeldet hätte, wäre er sofort festgenommen und in den geschlossenen Trakt der JVA gesteckt worden.

Sahin N. war im November 1995 mit mehreren hundert Gramm in der Tasche festgenommen worden. Der Kurde hatte während seiner Haftzeit eine deutsche Drogenabhängige geheiratet. Diese Ehe schützte ihn vor der Frage nach einer Ausweisung und verschafft das Recht auf Hafterleichterungen. Die Frau des Sahin N. war der Polizei Anfang Januar aufgefallen, weil sie im Drogenrausch hinter dem Steuer zusammengebrochen war. Daraufhin durchsuchte die Polizei ihre Wohnung und fand 65 Gramm Heroin und eine Schußwaffe. In Polizeikreisen wird vermutet, daß Sahin N. in der JVA auch Rauschgift versteckt hatte oder e Geldsummen aus Drogengeschäften.

Die Zustände im offenen Vollzug waren vor zwei Jahren schon einmal Gegenstand heftiger Kritik der Kropo. „An keiner anderen Stelle werden Konsumenten und Händler so direkt zusammengebracht wie in der JVA“, heißt in dem damaligen internen Bericht des K 34. Als Schlupfloch für den Drogenhandel in der JVA hatte die Kripo den Offenen Vollzug im Visier: „Besonders problematisch ist der offene Vollzug am Fuchsberg, aus dem heraus ca. 110 Personen regelmäßig Außenkontakt haben und andererseits die Anstaltseinrichtungen ... zum Handelsplatz machen.“ Den Angehörigen von Ermittlungsdienststellen „wird derweil ein unkontrollierter Zugang nicht gestattet“, beklagte die Kripo. Daß Häftlinge sich sehr sicher fühlen und im Spind größere Mengen Drogen oder Geld deponieren, bestätigt die damalige Beschreibung der Zustände.

Die Angeordnete der AfB, Elke Kröning, hatte 1995 diesen Kripo-Bericht zum Anlaß für eine herbe Kritik genommen. Auf Nachfrage meinte sie gestern, „Herr Scherf war über die Mißstände in Oslebshausen informiert und hat nicht gehandelt“ K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen