: Klappenüberfall durch die Freunde und Helfer
■ Schwuler Berliner Tourist in München von homophoben Polizisten verprügelt
München (taz) – Zwei Münchner Polizisten haben am vorigen Wochenende bei einer Razzia auf einer Klappe einen Schwulen so mißhandelt, daß er mit dreifach gebrochenem Nasenbein mehrere Tage lang im Krankenhaus behandelt werden mußte.
Walter T., ein 52jähriger Tourist aus Berlin, hatte am Samstag um ein Uhr nachts ein Toilettenhäuschen in Schwabing besucht, das er als Schwulentreffpunkt kannte. Zu diesem Zeitpunkt war das Licht in dem Gebäude ausgefallen. Als Walter T. im Halbdunkel einen der herumstehenden Männer berührte, wurde er sofort in die Ecke gestoßen. Er fürchtete einen Überfall und begann sich zu wehren.
„Ich schrie und wollte raus, aber ich wurde festgehalten. Mit einem harten Gegenstand bekam ich einen Schlag übers Gesicht.“ In Todesangst schrie der Geprügelte nach der Polizei – ahnungslos, daß die beiden prügelnden Männer selbst Zivilpolizisten waren. „Sie schleppten mich in ein Auto, wo ich noch immer außer mir vor Entsetzen war.“ Erst nach einer Weile glaubte er, es tatsächlich mit Polizisten zu tun zu haben.
Die beiden Polizisten brachten ihn auf das Schwabinger Revier. Walter T. wollte dort zur Toilette. Das wurde ihm verweigert: „Es hieß, erst müßte das Protokoll fertig sein. Erst als ich halb in die Hose geschissen hatte und es stank, haben sie mich gehen lassen.“
Seine Bitte um ein Telefonat wurde zunächst ebenfalls abgelehnt. Als Walter T. darauf hinwies, daß er selbst Beamter sei, bekam er zur Antwort: „Der will Beamter sein, das Schwein.“ In seinem blutverschmierten Zustand forderte er ein Foto, was die Polizisten ebenfalls ablehnten. „Wie einen das alles demütigt, kann man sich nicht vorstellen“, sagte Walter T. gestern.
Die Spitze der Münchner Polizei konnte zu dem Vorfall gestern noch nicht Stellung nehmen: „Wir sind noch dabei, das aufzuklären – wir haben davon soeben erst erfahren“, so Polizeipressesprecher Richard Scherer.
Die Münchner Linie, in Klappen immer wieder Polizeirazzien zu machen, ist in der Bundesrepublik einzigartig. Der Schwulenbeauftragte der Berliner Polizei, Jörg Riechers, hält es zum Beispiel für undenkbar, daß in der Hauptstadt Polizisten an Homotreffs auftauchen und Personalien aufnehmen, mit denen dann Anzeige wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ erstattet wird: „So was machen wir nicht mehr. Nur wenn wir von einer Klappe Meldungen über häufigere Straftaten bekommen, nehmen wir dort auch Personalien auf – dann aber mit dem Ziel, Straftäter zu verfolgen.“
Auch Manfred Edinger vom Münchner Anti-Gewalt-Projekt hält die bayerische Landeshauptstadt beim Thema Klappensex für einzigartig rückschrittlich. „Trotzdem war der Übergriff vom Wochenende der krasseste Fall von Körperverletzung, den ich je erlebt habe“, sagt er. Felix Berth
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