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Gerlindes böser Blick

■ „Deutschland - römische Mördergrube?“

Es gibt gewisse Unterschiede zwischen Günter Grass und Karl Valentin. Ein paar Welten trennen auch Wolf Biermann und Heinrich Heine. Eines aber vereint die genannten Herren: Sie haben irgendwann mal etwas Böses über Deutschland gesagt, und deswegen sind sie in Gerlinde Dillges Revue gelandet. Unter dem Titel Deutschland - römische Mördergrube? brachte sie am Donnerstag im Brakula Gedichte und Lieder verschiedenster Provenienz zu Gehör, die vierzig Jahre DDR und BRD unters Brennglas stellen sollten.

Die Texte waren sorgfältig ausgesucht: „SPDchen und CDUchen“ von Fried etwa wäre an sich hervorragend geeignet, die alt- und neudeutsche Überheblichkeit anzukratzen. Wenn sie bloß nicht von Gerlinde Dillge vorgetragen worden wären. Die stand auf der Bühne herum, guckte böse und sprach meistens ziemlich laut, was ja nicht verkehrt ist. Schön wäre es gewesen, hätte sie zuweilen den Tonfall gewechselt, dann hätte es weniger Mühe gemacht, die einzelnen Stücke voneinander zu unterscheiden. So ging alles nahtlos ineinander über, und ohne Programm wäre es verteufelt schwer gewesen, sich die Fragen zu beantworten, die diese Vorstellung aufwarf: Ist das, was da oben gerade passiert, noch von Peter Schütt? Oder ist sie etwa schon bei Enzensberger? Eigentlich sollte es nicht schwierig sein, so etwas zu erkennen...

Es muß hart sein, vor einem fast leeren Saal aufzutreten. Trotzdem hätte Gerlinde Dillge den Wenigen, die gekommen waren, etwas Besseres bieten müssen. Immerhin wirbt sie damit, schon mit Will Quadflieg gespielt zu haben. Diese Darbietung war leider bloß eine Zumutung auf dem Niveau eines Weihnachtsbasars.

Barbora Paluskova

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