Schwarz-Rot oder Rot-Grün gegen PDS

In Berlin hat der Wahlkampf für die Bundestagswahl 1998 schon begonnen. Um PDS-Direktmandate im Ostteil zu verhindern, schlägt die CDU nun der SPD gemeinsame Absprachen vor  ■ Aus Berlin Dieter Rulff

Die Aufforderung des Berliner Innensenators war unmißverständlich: „Wir müssen überlegen“, so ließ Jörg Schönbohm die SPD wissen, „wie wir verhindern können, daß die PDS 1998 die drei Berliner Direktmandate erhält und erneut in den Bundestag einzieht“. Absprachen, gar gemeinsame Kandidaten, räsonierte der Großkoalitionär, seien da eine „nationale Aufgabe“.

Der Gedanke des Exgenerals und CDU-Politikers wird womöglich Früchte tragen, wenn auch nicht die von Schönbohm gewünschten. Ein gemeinsames Vorgehen mit der SPD „würde sich geradezu anbieten“, findet auch Marianne Birthler, die sich womöglich in Berlin für die Bündnisgrünen um ein Bundestagsmandat 1998 bewirbt. Allerdings schwebt ihr im Gegensatz zu Schönbohm „ein rot- grünes Signal von Berlin aus“ vor. Sie will „kein Anti-PDS-Bündnis“ sondern klar „pro Rot-Grün“ Stellung beziehen. Das würde auch bedeuten, daß sich die SPD eindeutig zu dieser Regierungsoption bekennt. Einer, auf den diese Anforderung gemünzt ist und der sie nach Birthlers Ansicht noch nicht erfüllt, ist Wolfgang Thierse. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende würde von einem gemeinsamen Vorgehen profitieren, denn bei der letzten Wahl war er nur knapp mit 37,2 Prozent gegen den PDS-Mann Stefan Heym (40,6 Prozent) unterlegen. Neben Heym hatten damals die ehemalige Wirtschaftsministerin Christa Luft, der ehemalige Berliner HBV-Vorsitzende Michael Müller und Gregor Gysi ein Direktmandat errungen und damit der PDS den Einzug in den Bundestag gesichert, obwohl sie an der Fünfprozenthürde gescheitert war.

Seinerzeit hatten Thierse genau die Prozente gefehlt, die der bündnisgrüne Kandidat am Prenzlauer Berg auf sich vereinigt hatte. Deshalb würde ihm ein Verzicht Birthlers auf eine Direktkandidatur zupaß kommen. Die Sache hat nur einen Haken: Birthler hat bei den Berliner Landtagswahlen 1995 30 Prozent im Ostberliner Alternativbezirk erzielt und lag nur um Nasenlänge hinter der Konkurrenz von der PDS. Sollten die Bündnisgrünen verzichten, müßte die SPD im Gegenzug gleichfalls lukratives Terrain freigeben. Der Westberliner Wahlbezirk Kreuzberg böte sich zur Rochade an, dort haben die Grünen ihre Hochburg, dort war der Landesvorstandssprecher Christian Ströbele 1994 nur knapp dem CDU Kandidaten unterlegen. Einem solchen berlinweiten rot- grünen Vorgehen, das sich auch gegen die CDU richtet, würde nach Birthlers Ansicht zudem nicht der Ruch einer Anti-PDS- Kampagne anhängen.

Diesen Makel will auch der SPD Landesvorsitzende Detlef Dzembritzki vermeiden. Doch müsse ein koordiniertes Vorgehen möglich sein, wenn die PDS „mit trojanischen Pferden operiert“ und wenn „den Menschen die Alternative deutlich“ wird. Dzembritzkis „trojanisches Pferd“, das ist der Schriftsteller Stefan Heym, der mittlerweile sein Mandat niedergelegt hat. Statt seiner droht dem SPD-Mann Thierse allerdings eine nicht minderharte Konkurrenz. Denn mittlerweile wird damit gerechnet, daß Gregor Gysi im Prenzlauer Berg antritt. Seine Aufgabe 1998 wäre es, den dritten Wahlkreis für die PDS wiederzuerobern. Zwei Wahlkreise, Hellersdorf-Marzahn und Friedrichshain-Lichtenberg gelten als sichere PDS-Hochburgen. In Marzahn hatte Gysi 1994 sogar über 50 Prozent geholt. Deshalb wird bei der PDS überlegt, ob man für den Spitzenmann nicht ein besseres Einsatzgebiet finde. In Prenzlauer Berg, so heißt es in der Partei, könne allerdings auch Lothar Bisky gewinnen. Doch der wird, wenn überhaupt, in seiner politischen Heimat Potsdam antreten. Gysi selbst will sich zu seiner Kandidatur offiziell erst im Frühsommer äußern. Vorsorglich mahnt er die SPD schon mal an, „über sich selbst nachzudenken“, wenn Schönbohm sie zur Ausgrenzung Linker im deutschnationalen Interesse gewinnen will. Das gelte auch für den Umstand, daß Schönbohm bei seiner Offerte „keinen Unterschied zwischen SPD und CDU mehr sieht“. Weit sprachloser als auf die nationale reagiert der PDS-Frontmann auf die RotGrün-Variante. Das sei schließlich allein deren Sache.