: Grundsatzstreit in der Koalition
■ Gesundheitsreform führt zur Zerreißprobe
Bonn (dpa/AFP/taz) – Die jüngsten Vorschläge zur Gesundheitsreform haben zu heftigen Debatten in der Koalition und zu einem Grundsatzstreit über eine Kernfrage des Sozialversicherungssystems insgesamt geführt: Soll der Grundsatz aufgegeben werden, daß die Beiträge zur Sozialversicherung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern jeweils zur Hälfte bestritten werden? Die FDP hat Befürchtungen der CDU-Sozialpolitiker bestätigt, die bisher eine Zustimmung der Unionsfraktion zu den Plänen verhindert haben. Die geplante einseitige Belastung der Arbeitnehmer bei künftigen Beitragssatzerhöhungen der Kassen habe „Modellcharakter“ auch für die anderen Sozialversicherungen, sagte der FDP-Gesundheitspolitiker Jürgen Möllemann (Bericht Seite 2).
Gleichzeitig hat die Bundesregierung nach dem am Freitag veröffentlichten ZDF-Politbarometer einen vernichtenden Stimmungseinbruch beim Wahlvolk erlitten. Sie verlor ihre strategische Mehrheit gegenüber SPD und Grünen. Wenn am Sonntag gewählt würde, käme die Union auf 40 Prozent, die FDP auf fünf. Die SPD könnte um zwei Punkte auf 35 Prozent zulegen. Die Grünen kämen auf elf Prozent. Erstmals sprach sich eine Mehrheit der Befragten gegen eine neue Kanzlerkandidatur Kohls bei der nächsten Bundestagswahl aus.
In der Einzelwertung blieb allein Arbeitsminister Norbert Blüm von einem Popularitätsverlust ausgenommen. Von allen Politikern stürzte Bundeskanzler Kohl am stärksten ab: von plus 0,4 auf einen Negativwert von minus 0,1. In der Kanzlerfrage vergrößerte der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) seinen Vorsprung vor Bundeskanzler Helmut Kohl auf 46 zu 40 Prozent. J.K.
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