: Entspannungspolitik statt RAF-Fahndung
■ Exchef des Bundeskriminalamts Zachert: Bonn hatte Informationen über RAF-Mitglieder in der DDR, wollte aber Annäherung an diese nicht gefährden
Berlin (taz) – Die Bundesregierung gerät unter Druck. Am Freitag noch dementierte sie, vor dem Fall der Mauer konkrete Hinweise auf die Einbürgerung von Mitgliedern der Rote Armee Fraktion (RAF) in die DDR gehabt zu haben – jetzt wird sie mit neuen Aussagen konfrontiert. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Frank Hofmann, ein früherer Zielfahnder des Bundeskriminalamts, sagte gestern gegenüber der Deutschen Presseagentur, die Darstellung der Bundesregierung sei falsch. Es habe Hinweise mit konkreten Anhaltspunkten wie Aufenthaltsorten, Anschriften und Namen gegeben.
In eine ähnliche Kerbe schlägt auch Hans-Ludwig Zachert, ehemaliger Präsident des Bundeskriminalamts (BKA). Gegenüber dem Nachrichtenmagazin Focus sprach er von „vagen Informationen“, die es in den 80er Jahren auf Verstecke von RAF-Terroristen in der DDR gegeben habe. Diese seien nach seinem Eindruck von der damaligen Bundesregierung jedoch als „störend“ im Verhältnis zur DDR empfunden worden. Die Bundesregierung habe gegenüber Ost-Berlin ein „Klima der Annäherung“ schaffen wollen. Fragen über den Verbleib der untergetauchten RAF-Mitglieder seien in diesem Zusammenhang wohl „peinlich“ gewesen.
Über informelle Kanäle hätten die BKA-Fahnder allerdings Nachforschungen betrieben, erklärte Zachert weiter. So habe seine Behörde anläßlich des Staatsbesuchs von Erich Honecker 1987 einem hohen Offizier aus der DDR-Delegation den Verdacht mitgeteilt und um Informationen gebeten. Es habe aber „nie eine Rückmeldung gegeben“.
Am Freitag hatte das Innenministerium in Bonn erklärt, eine Bestätigung des Aufenthalts der gesuchten RAF-Mitglieder erst durch die Auswertung von Stasi-Akten nach der Wende in der DDR erhalten zu haben. Auch Friedrich Zimmermann, Mitte der achtziger Jahre Bundesinnenminister, bestritt energisch, vom Asyl für die RAF-Mitglieder in der DDR gewußt zu haben. Der seinerzeitige Generalbundesanwalt Kurt Rebmann sprach von „Verdachtsmomenten“, für die es keine Beweise gegeben habe. wg
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