: Strieder: Weniger ist mehr
■ Stadtentwicklungssenator fordert von der Finanzsenatorin, Grundstücke unter Wert zu verkaufen, wenn es der Stadt diene. Forderung heute Thema im Senat
Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) provoziert seine Finanzkollegin Annette Fugmann- Heesing mit einem neuen Konzept zur Vermögensveräußerung von landeseigenen Liegenschaften. Um den Bau von Wohnungen in der Innenstadt zu sichern, so Strieder in einem Schreiben an Fugmann-Heesing, das der taz vorliegt, dürfe man sich beim Grundstücksverkauf „nicht an kurzfristigen fiskalischen Erfolgen orientieren“. Vielmehr müsse sich die Bodenpolitik von „strukturellen Effekten einer nachhaltigen Stadtentwicklungspolitik“ leiten lassen. Statt allein auf die Haushaltskasse zu schielen, solle die Finanzsenatorin ihre Strategie zugunsten langfristiger baupolitischer Rahmenbedingungen überdenken. Das Papier soll heute im Senat diskutiert werden.
Nach Ansicht von Strieder darf die Finanzverwaltung städtische Grundstücke nicht einfach auf dem Markt anbieten, sondern muß dieses Potential „zum Teil einer angebotsorientierten Modernisierungspolitik machen“. Grundstücke dürften nicht zum hohen Verkehrswert von mehreren tausend Mark pro Quadratmeter angeboten werden, da allein potente Investoren mit Blick auf teure Büro- und Geschäftsbauten die Liegenschaften erwerben könnten.
In die „Preisbildung städtischer Grundstücke müssen wirtschaftliche und stadtentwicklungspolitische Faktoren einbezogen werden“, fordert Strieder. Ihr Hauptaugenmerk gilt der Bereitstellung von preisgünstigem Bauland sowohl für den privaten Wohnungsbau als auch zur Sicherung des Standortes Berlin für Industrie und Handwerk. Allein in den kommenden zwanzig Jahren sollen, so der Masterplan aus der Senatsverwaltung für Stadtenwicklung, in der Innenstadt 30.000 bis 40.000 neue Wohnungen und mehrere Millionen Quadratmeter Gewerbe- und Industrieflächen zusätzlich entstehen.
Die Idee, die dem Masterplan zugrunde liegt, richtet sich darauf, die Innenstadt zu verdichten und der Zersiedelung des Umlandes mit einem Eigenheimbrei Einhalt zu gebieten. Das Konzept zur Veräußerung städtischer Grundstücke, so der Senator, „kann auf diese Weise zu einem Instrument mittelfristiger wirksamer Strukturpolitik werden“.
Für die Finanzsenatorin Fugmann-Heesing gelten bislang andere Prioritäten beim Verkauf. Bei der Stadtenwicklung sollten die baulichen und wirtschaftlichen Interessen und die des Haushaltsrechts „gleichranging zu berücksichtigen sein“.
Frank Zimmermann, Sprecher im Hause der Finanzverwaltung, wollte das Schreiben gestern nicht kommentieren. Vor einer Stellungnahme sollte der Strieder- Vorschlag erst im Senat beraten werden. Insgesamt wollte Zimmermann aber nicht ausschließen, daß die Finanzsenatorin bei den heutigen Beratungen den Interessen anderer Ressorts entgegenkommen werde. rola
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