: Brot & Spiele für eine Mark
Senat beschließt Stadion- und Hallen-Projekt im Volkspark: Investor zahlt 100 Pfennige dazu, die Stadt mehr als 70 Millionen Mark ■ Von Heike Haarhoff
Arena frei zum Hallenbau: Die Investorengruppe Holzmann/Deuteron darf das Fußballstadion im Volkspark umbauen und nebenan eine Mehrzweckhalle mit 15.000 Plätzen für Rock-Konzerte und andere Großveranstaltungen errichten. Das hat der Senat gestern ebenso feierlich wie erwartungsgemäß beschlossen. Damit sei ein „Vorhaben, das seit Jahrzehnten dümpelte“, auf den Weg gebracht, eigenlobte Bürgermeister Henning Voscherau (SPD). Oberbaudirektor Egbert Kossak will „spätestens im Jahr 2000“ dort Silvester feiern.
Bereits im Oktober hatten sich die Senatskommission für Stadtentwicklung und ihr Hallensenator Thomas Mirow (SPD) für die Bietergemeinschaft „mit den kräftigsten Schultern“ ausgesprochen. Bis gestern wurden die finanziellen „Detailfragen“ geklärt. Ergebnis: Holzmann/Deuteron tragen den Löwenanteil sowie das Betreiber- und Investitionsrisiko an dem 513-Millionen-Projekt. Die Stadt steuert schlappe 50 Millionen Mark für Stadionumbau, Straßenausbau und Bodensanierung bei und hätschelt die Investoren ansonsten, wo sie kann. Das 284.000 Quadratmeter große Grundstück im Volkspark, so groß wie 47 Fußballfelder, bekommen die Arena-Könige wunschgemäß für eine symbolische Mark.
Geld für einen Bus-Shuttle-Betrieb, der die Zigtausend Gäste vom 700 Meter entfernten S-Bahnhof Eidelstedt zu Stadion und Mehrzweckhalle mit angeschlossenem 200-Betten-Hotel, Schwimmbad, Bürogebäuden und Gastronomiebetrieben bringen könnte, hat die Stadt mangels Verkaufserlös deshalb nicht. Auch von einem ökologischen Ausgleich sieht sie ab, weil angeblich keine zusätzlichen Grünflächen versiegelt würden. Dafür beteiligt sie sich an der „Verbesserung der Autobahnabfahrt und Befestigungen der Parkplätze“ mit 12,38 Millionen. Für weitere zwölf Millionen wird der Boden am Paddelsee entgast.
Das marode Stadion wird in drei Stufen bis zur erhofften Fußball-WM im Jahr 2006 so modernisiert, daß der Spielbetrieb während der Bauzeit aufrecht erhalten bleibt. An diesen Kosten beteiligt sich die Stadt mit „nur“ 21,3 Millionen Mark. Die Investoren hatten 40 Millionen verlangt; schließlich, so ihr Argument, hätte die Stadt anderenfalls für eine Sanierung 70 Millionen hinblättern müssen.
Um das Riesenprojekt auch „über die nächsten Wahlen“ hinaus abzusichern, will Senator Mirow die Entscheidung im April von der Bürgerschaft absegnen lassen. Obwohl der von der Statt Partei ent-sandte Wirtschaftssenator und Volksparkarena-Gegner Erhard Rittershaus gestern im Senat überstimmt wurde, will Statt in der Bürgerschaft der Halle zustimmen, erklärte Gruppenchef Achim Reichert gestern: „Besser diese Halle als keine.“ Nur die GAL kämpft unverbissen weiter: Die Altonaer Mitgliederversammlung beschloß am Montag, 20.000 Unterschriften sammeln und einen Volksentscheid gegen die Arena in dieser Größe herbeiführen zu wollen.
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