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Vulkan-Controller war ohne Zahlen

■ Bremer Vulkan-Untersuchungsausschuß begann seine zweite Sitzungsperiode mit dem ex-Vorstand Manfred Timmermann

Hätten Bremer Politiker schon früher auf die Misere beim Vulkan aufmerksam werden können? Anläßlich der Eiswette im Januar 1994 – kurz nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand – habe er dem damaligen Wirtschaftssenator Claus Jäger (FDP) und dem ehemaligen Bürgermeister Klaus Wedemeier (SPD) ein Gespräch über die Hintergründe seines Weggangs angeboten, sagte Dr. Manfred Timmermann gestern vor dem Untersuchungsausschuß. Die Politiker hätten sich aber nie bei ihm gemeldet.

Der frühere Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerim hatte 1990 einen Beratervertrag mit dem Vulkan geschlossen. Seit Mitte 1992 war Timmermann an den Verhandlungen über die Privatisierung der Ostwerften beteiligt. Im August 1992 wurde er in den Vorstand berufen und war für die Hanse Holding in Mecklenburg-Vorpommern und für das Finanzcontrolling verantwortlich. Schon ein Jahr später, im Oktober 1993, bat er um seine Entlassung. Die Finanz- und Liquiditätspläne habe er nie zu Gesicht bekommen, klagte Timmermann. Außerdem habe er den „Größenwahnsinn“ Hennemanns nicht länger hinnehmen wollen. Der Konzern-Chef habe in erster Linie Unternehmen eingekauft, die Subventionen einbrachten. Die Ost-Werften hätten zudem die Order bekommen, zu überhöhten Preisen Know-How vom Bremer Vulkan einzukaufen. Auf diese Weise habe der Vulkan versucht, seine Verluste abzudecken. Die Modernisierung der Ost-Werften sei bei der schnellen Expansion des Vulkans auf der Strecke geblieben. Außerdem hätten ihn Zweifel geplagt, ob die Zahlungen, die über das zentrale Cash-Management von den Ost-Werften in die Kasse des Bremer Vulkans flossen, „vertragskonform“ waren.

Im Dezember 1993 suchte Timmermann Anfang Dezember 1993 die Treuhand-Präsidentin Birgit Breuel auf. Er machte ihr gegenüber „Andeutungen“ in diese Richtung. (siehe taz 22.11.). Auch den Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern, Berndt Seite (CDU), informierte Timmermann. Danach habe er Jäger und Wedemeier angesprochen. „Stimmt“, räumte der ehemalige Wirtschaftssenator Claus Jäger gestern gegenüber der taz ein. „Ich meine aber, daß die Initiative von mir aus gegangen ist. Ich hab' mal gefragt, warum er vom Vulkan weggegangen ist. Das hatte aber keinen Hintergrund, den ich recherchieren wollte. Ich hatte ja auch nicht den Auftrag. Ich fand immer, daß Politik und Unternehmen nichts miteinander zu tun haben.“ Der ehemalige Bürgermeister Klaus Wedemeier kann sich hingegen nicht an ein solches Gespräch erinnern. „Wenn er mir das angeboten hätte, hätte ich ihn sofort angerufen. Ich habe damals mit jedem geredet, der über den Vulkan reden wollte. Ich glaube, daß ist eher eine Aussage, mit der er sich entlasten will.“

Warum er im Vorstand nichts gegen die Politik Hennemanns unternommen hätte, wollten gestern auch die Mitglieder des Untersuchungsausschusses wissen. Hennemann sei eine „sehr dominante Person“ mit einer „enormen rhetorischen Begabung“ gewesen. Er habe den Vorstand „nicht nur über den Tisch gezogen“, sondern auch „überzeugt“. Außerdem seien die Männer in der Chefetage „relativ abhängig“ von Hennemann gewesen. Wer sich nicht gefügt habe, sei abberufen worden. Durch geschicktes Taktieren habe Hennemann sogar die Aufsichtsratsvorsitzenden bestimmt. kes

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