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Die Doppelmoral der Stuckfraktion

■ Als Vorsitzender der „Gesellschaft Historisches Berlin“ propagiert Helmut Maier den Erhalt der alten Bausubstanz. Als Architekt von Abrißinvestoren will er ihr dagegen den Garaus machen

Ein Fall, der für sich bereits bemerkenswert wäre: In der Veteranenstraße in Mitte will die Fürther Firma Gesellschaft für Grundbesitz (GFG) die Fabrikgebäude der ehemaligen Höffnerschen Möbelfabrik sowie ein dazugehöriges Vorderhaus abreißen, obwohl die bezirkliche Denkmalschutzbehörde die Gebäudeteile für erhaltenswert hält. Zum richtigen Husarenstück wird dieser Fall allerdings, wenn man einen Blick auf den Architekten wirft, der den Abrißgelüsten der GFG zur Geltung verhelfen soll.

Sein Name ist Helmut Maier. Helmut Maier ist nicht irgendwer, sondern der Vorsitzende der „Gesellschaft Historisches Berlin“. Wenn es um die „guten Stuben“ der Stadt, den Wiederaufbau des Stadtschlosses oder die Verunglimpfung der städtebaulichen Moderne geht, steht die CDU- nahe Gesellschaft, vor allem aber ihre Geschäftsführerin und einstige AL-Baupolitikerin, Annette Ahme, an vorderster Front. Hauptaktivität der organisierten Stuckfraktion ist derzeit das „Bürgerbegehren für die Historische Mitte Berlins“.

In einem achtpunktigen Forderungskatalog heißt es unter anderem: „Kein weiterer Abriß, weder in der historischen Innenstadt, noch in den alten Kernen. Da Berlin so arm an historischer Bausubstanz ist, sollten möglichst alle alten Gebäude als maßstabbildend und stadtgeschichtlich bedeutsam erhalten bleiben.“

Als Architekt der GFG schert sich der Vereinsvorsitzende Helmut Maier um solche Vorsätze allerdings wenig. Er empfindet die geplanten Abrisse in der Veteranenstraße noch nicht einmal als Widerspruch: „Wenn es um die Arrondierung einer historischen Situation geht“, sagte er der taz, „benötigt man manchmal auch einen neuen Eingriff.“ Ließe man zum Beispiel das Vorderhaus Veteranenstraße 10 stehen, so Maier, würde man zum Weinbergspark hin eine Brandmauer haben. „Das“, so Maier, „hätte keiner verstehen können. So aber erreiche man „eine vermählende Lösung zwischen alt und neu“.

Für die untere Denkmalbehörde in Mitte und das Bezirksamt ist Abriß freilich keine Lösung. Sie wollen sich dafür einsetzen, daß das Höffner-Ensemble unter Denkmalschutz gestellt wird.

Die Höffnersche Möbelfabrik ist im übrigen nicht das einzige Gebäude auf der Abrißliste von Helmut Maier. Auch in der denkmalgeschützten Oranienburger Straße 4/5 in Mitte wollte Maier abreißen lassen, diesmal im Auftrag der Spekulanten Heymann und Kreuels. Daraus wurde allerdings nichts. Statt Maier nahmen die Investoren wenig später Ortwin Ratei als Architekten unter Vertrag. Mit dem ehemaligen Investorenbeauftragten des Senats und Nachfolger des durch eine Briefbombe getöteten Hanno Klein, glaubte man wohl, würde der Abriß der historischen Bebauung reibungsloser vonstattengehen. Aber auch hier stellte sich das Bezirksamt quer.

Ginge es nach dem Bürgerbegehren der „Gesellschaft Historisches Berlin“, wäre behördlicher Widerstand freilich nicht nötig. Als Vereinsfunktionäre setzen sich Annette Ahme und ihr Lebensgefährte Helmut Maier schließlich grundsätzlich dagegen ein, daß das „Berliner Stadtzentrum durch weitere Abrisse“ oder „häßliche Neubauten“ in seiner Substanz getroffen werde. Uwe Rada

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