: Generalstreik gegen Siedlungspolitik
■ In Ost-Jerusalem, im Gazastreifen und in der Westbank blieben Geschäfte, Fabriken, Schulen und Behörden geschlossen. Auch Kirchen protestieren gegen Israels Siedlungsbau. Arafat in Washington
Jerusalem (dpa/AFP/taz) – Mit einem Generalstreik haben die Palästinenser gestern gegen die israelische Siedlungspolitik im arabischen Ostteil Jerusalems protestiert. Bis zur Mittagszeit blieben sämtliche Geschäfte, Banken und Behörden im Gazastreifen, im Westjordanland und in Ost-Jerusalem geschlossen. „Damit bringen wir unsere Wut zum Ausdruck“, erklärte Parlamentspräsident Ahmed Korei, der zu dem Streik aufgerufen hatte. „Das ist nur ein erster Schritt, dem weitere ernstere Maßnahmen folgen werden.“ Der Protest richtet sich gegen den Beschluß der israelischen Regierung, in Ost-Jerusalem eine weitere Siedlung mit 6.500 Wohnungen für Israelis zu bauen.
Palästinenserpräsident Jassir Arafat wollte gestern in Washington mit US-Präsident Bill Clinton zusammentreffen. Die USA hatten das israelische Vorhaben in scharfer Form kritisiert. Arafat lehnte den Bau jüdischer Siedlungen erneut kategorisch ab. „Nicht ein einziges Haus sollte hinzugefügt werden“, sagte er am Sonntag abend vor dem palästinensisch- amerikanischen Kongreß. Jerusalem „war arabisch, ist arabisch, wird arabisch bleiben und schließlich Hauptstadt von Palästina werden“, erklärte Arafat.
Die Straßen in Ost-Jerusalem und in den Städten der palästinensischen Autonomiegebiete waren gestern vormittag wie ausgestorben. Mit dem Streik bekundeten die Palästinenser Arafat ihre Unterstützung für seine Mission in Washington. „Der Streik ist eine Botschaft an die USA, damit sie diese Siedlung verhindern“, sagte der Parlamentarier Bichara Daud. Die Palästinenser und die Arabische Liga hatten die internationale Gemeinschaft mehrfach aufgerufen, Druck auf Israel auszuüben. Die israelische Armee hatte Ost- Jerusalem 1967 besetzt und dort seitdem systematisch Israelis angesiedelt.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu begab sich gestern demonstrativ in das arabische Viertel Abu Tor in Ost-Jerusalem, um dort den Beginn von Infrastrukturmaßnahmen für arabische Wohnungen einzuleiten. Mit der Ankündigung derartiger Bauprojekte wollte er die Proteste beschwichtigen.
Gegen den Siedlungsbau haben nun auch Christen protestiert. „Die Führer der christlichen Gemeinden haben eine gemeinsame Erklärung an die israelischen Behörden gerichtet, um gegen das Projekt zu protestieren“, sagte Bischof Timotheus vom Patriarchat der griechisch-orthodoxen Kirche in Jerusalem. Zur Begründung hieß es, in dem Gebiet, wo die Siedlung entstehen soll, befänden sich Kirchenruinen aus der Zeit der mittelalterlichen Kreuzzüge.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen