piwik no script img

Freiwillige strömen zu Zaires Rebellenarmee

■ Junge Männer aus dem Osten des Landes wollen bei Mobutus Sturz dabeisein

Goma (taz) – Sie tragen die Kalaschnikow über der Schulter, an den Füßen haben sie Gummistiefel, und ihre Uniformen reichen vom roten T-Shirt bis zum militärisch korrekten Olivgrün. Singend kommen sie die Straße hoch: Neue Rekruten der zairischen Rebellenbewegung „Allianz demokratischer Kräfte für die Befreiung von Kongo/Zaire“ (AFDL), die gegen das Regime von Präsident Mobutu Sese Seko kämpft.

Zu Tausenden melden sich derzeit junge Leute im Osten Zaires bei der AFDL, um beim Sturz des Mobutu-Regimes dabeizusein. Und zu Tausenden wirft die Militärführung der Rebellenallianz ihre besten Truppen an die Front, denn jetzt steht die erst fünf Monate alte Aufstandsbewegung vor ihrer bisher größten Kraftprobe: der Schlacht um Kisangani, drittgrößte Stadt des Landes.

Aus Kisangani koordinierte das zairische Militär seine gescheiterten Rückeroberungsversuche gegen die Rebellen. Die Stadt ist zugleich das Einfallstor zum Rest des Landes – hier beginnt der navigationsfähige Teil des Zaire-Flusses, wichtigste Verkehrsader des riesigen zentralafrikanischen Landes, in dem es kaum befahrbare Straßen gibt. Fällt Kisangani, steht den Rebellen der Weg in die Hauptstadt Kinshasa offen.

Zwanzig Lastwagen voller AFDL-Kämpfer passierten Augenzeugen zufolge allein in der Nacht zum Freitag letzter Woche den Verkehrsknotenpunkt Komanda 600 Kilometer nördlich von Goma, wo die Fernstraße Richtung Kisangani abzweigt. Auf derselben Strecke waren am Dienstag weitere Lkw-Kolonnen mit Soldaten und Munitionskisten unterwegs. Vor einer Woche bereits eroberten die Rebellen die Stadt Kindu südlich von Kisangani und im Osten das Flüchtlingslager Tingi-Tingi, wo sich die Reste der versprengten ruandischen Hutu-Milizen – die mit Zaires Regierung verbündet sind – verschanzt hatten.

„Wir sind in einer Position der Stärke“, sagt Deogratias Bughera, Chef der zur AFDL gehörenden Partei ADP, die vor allem die zairischen Tutsi oder Banyamulenge vereint, welche das militärische Rückgrat der Allianz bilden. Für die AFDL ist der militärische Druck ein Mittel, um die Regierung zu Verhandlungen über die Machtübergabe zu zwingen. „Der Endpunkt sollte eine Regierung der nationalen Einheit sein“, sagt Bughera, „mit allen außer denen, die das Mobutu-System verewigen.“

Darüber will die Regierung natürlich nicht reden. Zaires Außenminister Kamanda wa Kamanda gab statt dessen am Montag bei Gesprächen in Brüssel seine Akzeptanz der UN-Resolution 1.087 bekannt, die unter anderem einen sofortigen Waffenstillstand zwecks Aufnahme eines Dialogs vorsieht. Das ist für die Rebellen inakzeptabel. „Ein Waffenstillstand bedeutet nur, daß keine weiteren Städte fallen“, sagte der Außenminister der AFDL, Rizima Karaha, am Donnerstag in Goma. „Wir sind nicht gegen den UN-Plan. Aber man muß zuerst verhandeln – erst danach kann man einen Waffenstillstand unterzeichnen. Warum wollen die Leute in Kinshasa einen Waffenstillstand? Weil sie wissen, daß sie militärisch schwach sind.“

So werden die Kämpfe zunächst weitergehen. Das begünstigt die AFDL. „Wir werden vorrücken, bis unser Land vollständig befreit ist“, sagt Karaha. „Nicht einen Quadratmeter werden wir ihnen lassen.“ Dominic Johnson

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen