: „Das ist nicht links, sondern einfach dumm“
■ Die internen Konflikte bei den Grünen in Nordrhein-Westfalen eskalieren
Düsseldorf (taz) – Vor ein paar Tagen platzte der bündnisgrünen Landtagsabgeordneten Silke Mackenthun der Kragen. In einem bitterbösen Brief ging sie ihren Fraktionsgeschäftsführer Manfred Busch frontal an. Wieder einmal habe der, so die zu den Realos zählende Abgeordnete, mit einem „üblen“ Presseauftritt den „politischen Widersachern“ der Grünen „in die Hände gearbeitet“. Sie sehe nun endgültig „keinen Grund mehr“, das Amt des Fraktionsgeschäftsführers „nicht neu zu besetzen“.
Noch ist Busch, der zu dem Fundiflügel in der Fraktion zählt und mit einer äußerst kritischen Bilanz der rot-grünen Regierungspolitik vor Wochen bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hatte, im Amt. Aber seine jüngste Attacke gegen die grünen Fraktionssprecher Gisela Nacken und Roland Appel hat nicht nur Silke Mackenthun „empört“. Was war geschehen?
Das Sprecherduo hatte während einer Pressekonferenz die 131 Seiten dicke Bilanz der rot-grünen Koalition kaum erläutert und der Regierung „unter dem Strich“ eine „erfolgreiche Arbeit“ bescheinigt, da griff Busch zum Telefon, um den Journalisten seine gegenteilige Sicht zu unterbreiten. In dem von allen grünen Abgeordneten erstellten Papier sei „sehr viel Wolkiges und sehr wenig konkret Erreichtes“ zu lesen, ließ Busch zum Beispiel den dpa-Korrespondenten wissen.
Viele seiner Fraktionskollegen sahen sich durch diese Äußerungen um ihre Arbeit betrogen, nicht nur die Realos. Was Busch treibe, so der zu den Linken zählende Ewald Groth, sei „nicht links, sondern einfach dumm“. Anfang der Woche schien eine Fraktionsmehrheit aus Realos und gemäßigten Linken entschlossen, Busch von seinem Posten abzuwählen. Doch dann mochten die Akteure doch nicht springen – sie hatten die Partei im Blick. Statt dessen entschlossen sie sich, bei der Fraktionssitzung in dieser Woche „eine Art letztes Integrationsangebot“, so ein Teilnehmer, zu unterbreiten und noch einmal eine gemeinsame Arbeitsgrundlage zu suchen.
Doch der Versuch scheiterte. Fünf der 20 anwesenden Abgeordneten stimmten gegen das vorgelegte Papier. 13 votierten mit Ja, zwei enthielten sich. In dem beschlossenen Text ist davon die Rede, daß die Mehrheitsentscheidungen der Fraktion „nicht durch Vorstöße einzelner konterkariert“ werden dürften. Formulierungen, die für die Minderheit nicht akzeptabel waren, denn insgesamt, so begründete Stefan Bajohr sein Nein zu dem Dokument, laufe der Text auf eine „Maßregelung“ der Gruppe um Busch hinaus. Die Fraktion müsse sich zwar „zusammenraufen“, aber man könne „Frieden nicht verordnen“. Am Sonntag ist nun der grüne Parteirat am Zug. Ob der Wege findet, die zerrüttete Beziehungskiste wieder aufzupäppeln, steht dahin. Walter Jakobs
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