Betr.: "RechtsSchreiber"

Daß taz-AutorInnen Bücher schreiben, ist keine Seltenheit. Daß eins von ihnen nur mit Schwärzungen ausgeliefert werden darf, schon eher. Unsere beiden Redakteurinnen Barbara Junge und Julia Naumann verbrachten in den vergangenen Wochen ganze Nächte mit Filzstiften und der ersten Auflage ihres Buches „RechtsSchreiber“, das sie gemeinsam mit dem ORB-Journalisten Holger Stark verfaßt haben. Einem dieser RechtsSchreiber namens Ansgar Graw, persönlicher Referent des SFB-Intendanten Günther von Lojewski, gelang es, sich die Druckfahnen des Bandes zu besorgen.

Graws Rechtsaußenvergangenheit war bislang unbestritten, auch die taz hat darüber oft berichtet. Jetzt aber stellte ihm das Berliner Landgericht flugs eine einstweilige Verfügung aus. Danach darf nicht mehr behauptet werden, Graw habe „für die Junge Freiheit zur Feder gegriffen“. Tatsächlich hatte auch schon das eher revanchistischer denn neurechter Gesinnung verdächtige Ostpreußenblatt die Graw-Rezension des Bandes „Das totalitäre Zeitalter“ des rechten Politikprofessors Klaus Hornung, die in der Jungen Freiheit erschien, zuvor ähnlich abgedruckt. Graw behauptet, die Junge Freiheit habe ihn ohne sein Wissen nachgedruckt. Wegen einer weiteren Behauptung gibt es jetzt, wie der Berliner Tagesspiegel herausgefunden hat, ein internes Ermittlungsverfahren der Berliner Polizei. Einer der Buchautoren hat eine eidesstattliche Erklärung abgegeben, wonach er in ein Protokoll des Staatsschutzes Einblick nehmen konnte. Laut diesem, so versichert er, will die Polizei Ansgar Graw 1994 auf einer Veranstaltung der rechtsextremen, vom Verfassungsschutz beobachteten Berliner Kulturgemeinschaft Preußen gesehen haben. Ansgar Graw bestreitet das: Er sei an diesem Abend auf einer Veranstaltung im SFB gewesen. Und er hat Kontakt mit Polizeipräsident Hagen Saberschinsky aufgenommen; die Polizei hat daraufhin ein internes Ermittlungsverfahren gegen unbekannt eingeleitet – wegen „Verdachts auf Verrat von Dienstgeheimnissen“. Sprich: Wer ließ den Buchautor in das Staatsschutzdossier einsehen?

Mittlerweile überzieht Graw neben dem Verlag Elefantenpress auch die Verlage von junge Welt und blick nach rechts mit Gerichtsverfahren. Trotzdem besteht das Buch „RechtsSchreiber“ nur zum geringsten Teil aus geschwärzten Stellen. Die AutorInnen setzen sich mit der neuen Neuen Rechten in Parteien und Diskussionszirkeln auseinander und schildern den Einfluß nationaler Themen und Thesen in den Medien, von der rechten 89er-Generation bis zu rechtskonservativen Manifesten. Auf dieser Seite dokumentiert die taz Auszüge aus „RechtsSchreiber“, die gegenüber der Buchfassung noch um neueste Informationen erweitert sind. MR