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Detmolder zelebrieren den Alltag

■ Zwei Tage nachdem Soldaten Ausländer jagten, ist – fast – alles beim alten. Drei Bundeswehrsoldaten sind wieder auf freiem Fuß

Detmold (taz) – „Ich meine ja auch nicht, daß alle deutschen Soldaten so sind“, sagt Erkan, nachdem er am Montag abend von zehn Bundeswehrsoldaten in Detmold attackiert wurde. S. Fabricio hingegen, auch ein Opfer, bekundet schon ein größeres Mißtrauen gegenüber der Bundeswehr. Trotz der Entschuldigung von Verteidigungsminister Volker Rühe haben nicht wenige Ausländer in Detmold Sorge, sie könnten demnächst Opfer rassistisch motivierter Gewalt werden. Doch die meisten wollen nicht über ihre Ängste sprechen, in der Hoffnung, daß nichts dergleichen mehr passiert.

Am Dienstag abend hatte es eine spontane Kundgebung gegeben. Mit Redebeiträgen und einem Flugblatt hatten das Internationale Beratungszentrum (IBZ) – Antidiskriminierungsbüro, die Flüchtlingshilfe und andere sich „solidarisch mit den Opfern dieses rassistischen Überfalls“ erklärt. Die Bonner Politiker gerieten in ihre Kritik: Kinkels Parole gegen das volle Boot – geäußert in bezug auf die Flüchtlinge aus Albanien – etwa. Ein Vertreter der Flüchtlingshilfe bedauerte, seit der Asylrechtsänderung hätten sich Angriffe auf Ausländer vermehrt, seien aber aus der öffentlichen Auseinandersetzung verschwunden. An der Kundgebung nahmen nur zweihundert Leute teil. „Ich kann mir vorstellen, daß hier andere Leute kommen und randalieren. Ich habe Angst vor einer Gegendemonstration“, sagte ein Zaungast.

Doch die Befürchtungen von Ausländern sehen da schon anders aus. Auch gestern häuften sich im Antidiskriminierungsbüro ängstliche Anfragen. Einige glaubten, die Wohnung nicht mehr verlassen zu können. Viele sagten, es sei beängstigend, von Soldaten so etwas angetan zu bekommen.

Oberkreisdirektor H. Kauder plagten andere Sorgen. „Ich habe Scham empfunden, daß so was hier möglich ist. Lippe ist in aller Munde.“ Das ehemalige NF-Zentrum in Detmold-Pivitsheide ist längst vergessen. So ist man in Detmold entweder mit der Ehrrettung der Stadt beschäftigt, zeigt Empörung angesichts der Jungs von der Truppe, oder man will keine Stellung beziehen.

Aktiv gegen Fremdenhaß vorzugehen und nicht den Fehler zu machen, von Einzelfällen zu sprechen, fordert Frau Fakir-Debran vom IBZ. Der Direktor eines Detmolder Gymnasiums will ähnliches. Die Geschichte werde im Unterricht aufgearbeitet. „An Schulen finden solche Sachen nicht statt, ich sehe sie nicht.“ Es bleibt die große Frage: Wie viele Detmolder werden sich am Samstag um 11 Uhr auf dem Kaiser-Wilhelm-Platz einfinden, um gegen Fremdenfeindlichkeit zu demonstrieren?

In der nahe gelegenen Bundeswehrkaserne zeigt sich ein Divisionskommandant gelassen. Man nehme das Fach „Politische Bildung“ ernst. Aber: „Wir kriegen in zwei Monaten einen Soldaten in seinem politischen Bewußtsein nicht zu einem Staatsbürger geformt, der vollkommen gewendet ist, obwohl er mit anderen Vorzeichen herkam.“ Drei der gestern vorläufig festgenommenen Soldaten sind inzwischen wieder auf freiem Fuß. Das Amtsgericht Detmold lehnte es ab, gegen sie Haftbefehl zu erlassen. Ihre Beteiligung an den Überfällen sei zu gering gewesen. Vanessa Schröder

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