Autoren-Portraits auf CD

Im Grunde handelt es sich um eine nostalgische, geradezu antiquierte Angelegenheit, aber für einen arktischen Frühlingsanfang und ein verregnetes Wochenende ist die Sache genau richtig. Man nehme eine Tasse Tee, ein Sofa und einen Schalltrichter – wenn keiner zur Hand ist, tut's auch ein CD-Spieler mit Boxen. Dann zurücklehnen und mit den Ohren sehen. So muß man sich das wohl vorstellen, wenn ein „CD-Portrait auf eine ganz neue Hör-Art“(soll heißen: Kunst) „Einblicke in das bewegte Leben eines Dichters“geben will.

Der junge Hamburger Verlag voices audiomedien hat es sich zur Aufgabe gemacht, Autoren durch renommierte Bühnenkünstler auf CD vorzustellen. Audio-Portraits von Wolfgang Borchert und Friedrich Nietzsche sind in Vorbereitung; eine Hans Leip-CD, gesprochen und gesungen von Ulrich Tukur, ist bereits erschienen.

Was unterscheidet diese CDs nun von den guten alten Märchenplatten oder etwa Klaus Kinskis berühmter Villon-Rezitation? Didaktik. Zwischen den 18 Liedern, Gedichten und Erinnerungen auf der Leip-CD ergreift neunmal der Publizist Matthias Wegner erklärend das Wort. Der ehemalige Leiter des Rowohlt Verlags gibt ein wenig unstrukturiert biographische Daten und überrascht mit der Aussage, daß der Hamburger „Lili Marleen“-Dichter „nicht von der Seuche des Nationalsozialismus befallen“gewesen wäre - als ob dieser die anderen Hanseaten kalt mit dem Nieselregen erwischt hätte.

Ulrich Tukur ist die Interpretation der 20er/30er-Jahre-Lyrik und Songs wie zu erwarten hervorragend gelungen. Doch statt ihn fünfmal auf dem Sofa zu hören, könnte es reizvoller sein, das Programm einmal live zu erleben: morgen um 12 Uhr in den Kammerspielen. ck