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Freundliche Übernahme – ohne Blohm+Voss?

■ IG Metall Küste: Teichmüller wittert Krupp-Gefahr für Hamburger Schiffsbau

Frank Teichmüller will den „Kollegen bei Blohm+Voss keine Angst machen“. Die Auftragslage der Traditionswerft habe sich immerhin gerade erst zum Besseren gewendet. Dennoch sei zu befürchten, so der eloquente Chef der IG Metall Küste gestern, daß eine freundlich-feindliche Übernahme des Thyssen-Konzerns durch Krupp auch für die Thyssen-Tochter Blohm+Voss böse Folgen haben könnte.

Wer viel Geld investiert, wolle schließlich auch kurzfristig „Kasse machen“. Unter diesem Druck könne man sich „alles vorstellen“, auch die Aufgabe des Hamburger Standorts. „Krupp hat sich von seinen Werften verabschiedet“, erinnerte Teichmüller. Das Muffensausen der Werft-Arbeiter, mit dem Krupp-Hoesch-Vorstandsvorsitzenden Gerhard Cromme einen Chef zu bekommen, der im Schiffsbau keine Zukunft sieht, sei mehr als berechtigt. 750 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Deshalb werden 200 Blohm+Vossler heute vor der Deutschen Bank in Frankfurt mitdemonstrieren.

Zu einem „Staat im Staate“wachse sich die Macht der Banken aus, richtete Teichmüller warnende Worte an den Gesetzgeber. Daß die Geldinstitute zunehmend die Politik bestimmten, „ohne jede demokratische Kontrolle“, sei „ein Skandal“. Dabei sei staatlicher Einfluß durchaus „rechtlich regelbar“.

Teichmüller sieht außerdem die Flächentarifverträge in Gefahr. Viele Arbeitgeber wollen neuerdings die Tarifverträge „öffnen“und am liebsten für jeden Betrieb einzeln abschließen. „Das wäre das Ende der Tarifpolitik“, so der IG-Metall-Chef. Setze sich diese Position durch, würde das „Konsensmodell“aufgekündigt. „Die Folge heißt Konfliktmodell – das muß jedem klar sein.“Im Zweifelsfall würden arbeitgeberischen Erpressungsversuche – entweder die Belegschaft akzeptiert eine Nullrunde, oder der Standort wird verlegt – mit Arbeitskampf beantwortet.

Natürlich sehe auch er, daß die Zeit reif sei für eine „Renovierung“der Tarifverträge. In einem modernen Produktionsbetrieb bestünde etwa eine Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten nur noch auf dem Papier. Auch sei es möglich, den Flächentarifvertrag zu lockern, um „betriebsnahe“Regelungen zu ermöglichen.

Konkret für Hamburg würde das bedeuten: Kernpunkte wie Urlaub, Weihnachtsgeld, Lohnerhöhung bei Blohm+Voss oder Airbus werden weiterhin im Flächentarifvertrag geregelt. Andere Bedingungen könnten von der Auftragslage abhängig gemacht werden. Gilt es, ein Schiffsloch zu flicken, eine Fregatte für die Türkei zu bauen oder einen Luxusliner auf Vordermann zu bringen, garantierten etwa Arbeitszeitkonten Flexibilität in guten und Weiterbeschäftigung in schlechten Zeiten. Silke Mertins

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