: DGB warnt vor Ausbildungskatastrophe
■ Immer weniger Lehrstellen sind im Angebot. Allein in diesem Jahr werden in Berlin und Brandenburg 12.000 Ausbildungsplätze fehlen. 70 Prozent der Betriebe bieten keine Lehrstellen mehr an. Gewerkschaft
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) befürchtet eine Katastrophe auf dem Ausbildungsmarkt in Berlin und Brandenburg. In diesem Jahr müsse mit einer Lücke von 12.000 Lehrstellen gerechnet werden, sagte der stellvertretende Vorsitzende des DGB- Landesbezirks Berlin-Brandenburg, Bernd Rissmann, gestern in Potsdam. Mit rund 8.500 würden die meisten Ausbildungsplätze in Brandenburg fehlen. In Berlin gebe es 3.500 Plätze zuwenig. Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage werde deutlich größer als in den vergangenen Jahren sein.
In Brandenburg sei das Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen vergangenes Jahr um 9,8 Prozent zurückgegangen. Jüngste Zahlen aus dem Februar verwiesen auf einen weiteren Rückgang um 9,5 Prozent. In Berlin gebe es nach einem Rückgang um 7,9 Prozent im letzten Jahr eine weitere Reduzierung um 3,4 Prozent. Auf der anderen Seite werde aber die Zahl der Schulabgänger in Berlin und Brandenburg dieses Jahr um 5.000 steigen.
Auch werde die Zahl der Jugendlichen in Übergangsmaßnahmen immmer größer. Schon in der Ausbildungsrunde 1996 hätten in Berlin und Brandenburg 21.475 Jugendliche aus schulischen Lehrgängen oder berufsvorbereitenden Maßnahmen immer wieder verzweifelt nach einem Platz gesucht. Warteschleifen verlagerten das Problem nur. Die enorme Zahl stelle die sogenannten Überbrückungsmaßnahmen in Frage.
Rund 70 Prozent der Betriebe böten keine Lehrstellen an, kritisierte Rissmann. Er forderte, bundesweit einen Ausbildungsfonds einzurichten. Darüber könnten Ausbildungsplätze finanziert und die nicht ausbildenden Unternehmen zur Kasse gebeten werden. „Ohne eine solche Regelung werden wir Ausbildung nicht mehr finanzieren können.“
Als eine Sofortmaßnahme für dieses Jahr forderte der DGB ein von Bund und Ländern finanziertes Sonderprogramm zur Schaffung von mindestens 7.500 zusätzlichen Lehrstellen. Dabei sollten 5.000 Plätze auf Brandenburg und 2.500 auf Berlin entfallen. Ferner sollten öffentliche Arbeitgeber mehr Plätze anbieten. „Der öffentliche Dienst ist keinen Deut besser als die Wirtschaft.“ Zudem sollten öffentliche Aufträge nur noch an Betriebe vergeben werden, die Ausbildungsplätze anbieten.
Angesichts der knappen Kassen der öffentlichen Haushalte müsse die Politik die Priorität bei der Jugend setzen. Sonst würden Jugendliche das Vertrauen in die Demokratie verlieren und könnten rechtsextremen Rattenfängern hinterherlaufen. dpa
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen