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KommentarFlexibel überrascht

■ Genuß-Streik: Mit Süppchen und in Protestleibchen zum Erfolg

Arbeitskampf ist ein großes Wort. Manchmal wirkt es etwas hochgegriffen, etwa wenn sich die Kellner des CCH und die Köchinnen der Autobahnraststätte Stillhorn kurz vor Ostern für je einen Tag in die Protestleibchen ihrer Gewerkschaft schwingen und vor die eigene Tür stellen.

Doch der erste Arbeitskampf im Gastgewerbe seit dem Zweiten Weltkrieg führte zum Erfolg. Nach nur zwei flexibel-überraschenden Streik- und kaum mehr Verhandlungstagen nickten Hoteliers und Gastro-Chefs die Forderungen der Nahrungs-, Genuß- und Gaststätten-Gewerkschaft nach voller Lohnfortzahlung, mehr Geld und Urlaub einfach ab.

Zuvor hatten die Arbeitgeber wochenlang auf stur geschaltet und Härte bewiesen. Woher also ihr plötzlicher Stimmungsumschwung? Gerüchteweise war sich der Gastgewerbeverband nicht einig über optimale Ausbeutungsstrategien. Auch dürfte es gerade für die Arbeitgeber einer Branche, die ohne einen guten Ruf nicht existieren könnte, ein wenig peinlich sein, ihre Angestellten unter dem westdeutschen Standard zu beschäftigen. Und Rose Pauly, nicht nur Präsidentin des Hamburger Gastgewerbeverbandes, sondern auch FDP-Bürgerschaftskandidatin, mochte im Wahlkampf sicher auch keinen Arbeitskampf an den Hacken haben.

Vielleicht aber sind auch zwei gutgelaunte Streiktage mit Süppchen gegen das Märzwetter und Trillerpfeifenkonzert wirk-ungsvoll gewesen. Wirkungsvoller zumindest, als das anhaltende Krisengerede der Volksparteien glauben machen möchte. Ulrike Winkelmann

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