■ Querspalte: Lockruf des Baches
Die Akademie Remscheid für musische Bildung und Medienerziehung e.V. hat ein Problem erkannt, das uns allen unter den Nägeln brennt: Kinder von heute hocken zuviel und zu lange vor Bildschirmen. „Stubenhockende Computerkids brauchen frische Luft“, lautet die einleuchtende Erkenntnis. Gemeinsam mit der Naturfreundejugend Deutschlands hat man sich nun einen Weg ausgedacht, wie man die schwer naturalisierbare Spezies wieder, oder erstmals, der Botanik zuführen kann. „Im Frühling und Sommer locken sie die Bildschirmgebannten in den blätterrauschenden Wald und an murmelnde Bachläufe“, heißt es in der letzten Ausgabe des Remscheider Info- Briefs Kulturarbeit aktuell.
Längst weiß sich gute Medienpädagogik der raffinierten Techniken der geheimen Verführer (Vance Packard) zu bedienen. Damit die Jugendlichen das ungewohnte Naturerlebnis nachhaltig genießen können, „erhalten die Jungen und Mädchen spannende Aufträge zur Wahrnehmung des natürlichen Fließens und Wachsens. Praktisch-haptisch, bildlich und akustisch fangen sie das lebendige Naturgeschehen ein.“ Das ist schön gesprochen und kidgerecht gedacht. Anschließend nämlich soll die Begegnung mit der Natur wieder am Computer aufbereitet werden.
Natur wird mit allen zur Verfügung stehenden Kulturtechniken recycelt. Es geht um die Belebung der Natur aus dem Geist des Computers. Aus der Umsetzung des Naturerlebnisses am Rechner entsteht dann als Nebenprodukt auch Künstlerisches. Die rührigen Organisatoren der Bachexpeditionen mit verwilderten Byte- Zombies wollen ihre Erfahrungen selbstverständlich nicht für sich behalten. In dem Werkstattkurs „Botschaften vom Bach“ (vom 21. bis 25. April) werden Pädagogen aller Art auf die Naturvermittlung schwer programmierbarer Computerkids trainiert.
Zu haben ist das ganze für 345 Mark, voraussichtlich in Form der üblichen Seminar- und Referatspraktiken. Harry Nutt
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