: Tiefpunkt der deutsch-türkischen Beziehungen
■ Die türkische Innenministerin behauptet nun, sie sei mißverstanden worden
Berlin (AFP/dpa/taz) – Die türkische Innenministerin Meral Aksener erklärte am Wochenende, ihre Bemerkungen zu dem Brandanschlag in Krefeld seien von den Medien nicht korrekt wiedergegeben worden. Die Innenministerin versicherte, sie habe keinesfalls die Bundesregierung oder die gesamte deutsche Bevölkerung angreifen wollen. Es sei ihr darum gegangen, „die allgemeine Reaktion der türkischen Bevölkerung gegen Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Anschläge“ wiederzugeben.
Die halbamtliche Presseagentur Anadolu hatte Aksener zuvor mit den Worten zitiert: „Die Deutschen können uns nicht rausschmeißen, aber jetzt verbrennen sie uns.“ Führende türkische Politiker hatten kurz nach dem Anschlag am Ostermontag, dem eine Frau und zwei ihrer Kinder zum Opfer gefallen waren, der Bundesrepublik eine Mitschuld vorgeworfen. Innenminister Manfred Kanther (CDU) forderte daraufhin ein Dementi von der Regierung in Ankara. Nachdem am Freitag der Familienvater der Ermordeten als Hauptverdächtiger festgenommen wurde, lenkte Ankara ein. Onur Öymen, Staatssekretär im Außenministerium, beteuerte das Vertrauen seines Landes in die deutsche Polizei und Justiz. Unterdessen äußerte der Anwalt des Verdächtigten gegenüber der Welt am Sonntag Zweifel an den Beweisen der Polizei. Ein Videoband von einer Tankstelle in der Nähe des Tatorts soll den Beschuldigten beim Kauf von Benzin gefilmt haben. Dieser streitet die Tat ab.
In den Hauptausgaben türkischer Tageszeitungen vom Samstag spielte die Wendung im Fall des Brandanschlags kaum eine Rolle. Die in Deutschland erscheinenden Ausgaben der Hürriyet und Milliyet stellten dagegen den „Schock von Krefeld“ in das Zentrum ihrer Berichterstattung. Die Krise der deutsch-türkischen Beziehungen dürfe nicht auf die in der Bundesrepublik lebenden Landsleute zurückfallen, forderten beide Blätter. Die nationalistische Zeitung Türkiye hob den „separatistischen Terror“ während der Trauerfeier in Köln hervor. Dort war es am Freitag zu Tumulten gekommen. Anhänger der PKK versuchten, ihre Fahne auf die Särge zu legen. Am Ende der Trauerfeier mußte die Polizei eingreifen.
Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP), kritisierte, die jüngst beschlossene Visumpflicht für Kinder werde spätestens zur Ferienzeit die „nervöse Grundstimmung“ zwischen Türken und Deutschen verstärken. Außerdem entstehe in der deutschen Bevölkerung der Eindruck, „daß es uns ohne Ausländer besser ginge“, warnte sie. Leif Allendorf
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