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Österreicher machen gegen Gentechnik mobil

■ Volksbegehren gestartet. Eine zweite Initiative soll Frauen mehr Rechte sichern

Wien (taz/AFP) – Die Österreicher sind seit gestern aufgerufen, Volksbegehren zum Verbot gentechnisch veränderter Lebensmittel und zur Stärkung der Frauenrechte zu unterzeichnen. Mit der Gentechnik-Initiative wollen Umweltschutzgruppen erreichen, daß gentechnisch manipulierte Nahrungsmittel in Österreich nicht hergestellt und verkauft werden dürfen. Außerdem soll die Patentierung von Lebewesen ausgeschlossen und die Freisetzung gentechnisch manipulierter Tiere und Pflanzen auf dem Bundesgebiet verhindert werden. Die meisten Abgeordneten der Opposition stehen hinter dem Projekt, einige Mitglieder der Koalitionsparteien haben ebenfalls Unterstützung signalisiert.

Auch Prominente haben im Vorfeld zur Unterstützung der Aktion aufgerufen. Michael Konsel, Startorhüter der Nationalmannschaft, ist dagegen, „daß in die Natur eingegriffen wird“, der Kabarettist Alfons Haider, ausnahmsweise bierernst, ist überzeugt, es kann nicht gut sein, dem lieben Gott ins Handwerk zu pfuschen.

Der ehemalige Formel-I-Weltmeister Niki Lauda ist „für Naturprodukte. Sie sind für den Menschen das Beste.“ In einer seltsamen Allianz haben sich überdies noch die katholische Umweltinitiative „ARGE Schöpfungsverantwortung“, Greenpeace, WWF und die Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ mit den Massenblättern Kronen Zeitung und Täglich Alles hinter das Volksbegehren gestellt. Ziel der zweiten Initiative ist die Verankerung des Gleichheitsgrundsatzes in der Verfassung und die Angleichung der Gehälter der Frauen an die ihrer männlichen Kollegen. So fordert das Unabhängige Frauenforum (UFF), das hinter diesem Voksbegehren steht, für Frauen ein Mindesteinkommen von knapp 2.000 Mark und mehr Teilzeitstellen. Außerdem sollen öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die „dafür sorgen, daß Frauen auf allen hierarchischen Ebenen entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung vertreten sind“. Überdies wird der Ausbau der Bildungs- und Sozialleistungen für die weibliche Bevölkerung reklamiert. In dieser Frage verläuft die Trennungslinie allerdings deutlicher entlang dem traditionellen Rechts-Links- Schema.

Die Volksbegehren liegen eine Woche lang zur Unterzeichnung aus. Damit sich das österreichische Parlament mit den Vorschlägen befaßt, sind jeweils mindestens 100.000 Unterschriften nötig. Diese Zahl dürfte in beiden Fragen klar erreicht werden. So haben sich, jüngsten Umfragen zufolge, 62 Prozent der Österreicher dafür ausgesprochen, das Gentechnik- Volksbegehren zu unterschreiben. Doch auch bei Erreichen der notwendigen Stimmenzahl haben die Volksbegehren lediglich empfehlenden Charakter.

Und auch ein späterer Erfolg ist alles andere als sicher. Die beiden erfolgreichsten Initiativen dieser Art, nämlich die gegen den Bau eines internationalen Konferenzzentrums (1982) mit 1,36 Millionen Unterschriften und die für die Aufhebung der Fristenlösung bei der Abtreibung (1975), die immerhin von 895.000 Österreichern unterschrieben wurde, scheiterten später im Parlament. rl

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