piwik no script img

Viktor Klima: Der Name ist Programm

■ Österreichs Sozialdemokraten fehlt Profil. Auch der Parteitag bringt nichts Neues

Wien (taz) – Ein Fest für Viktor Klima wird der Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ), der heute in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz über die Bühne geht. Gemäß der Tradition, daß der Bundeskanzler auch den Parteivorsitz übernimmt, wird Franz Vranitzky, der im Januar als Regierungschef zurücktrat, seinem Nachfolger jetzt auch an der Spitze der Partei Platz machen. Eine programmatische Erneuerung der Parteiplattform steht nicht an.

Klima, der mit Sympathiewerten von 80 Prozent den Weg aus der Krise der jüngsten Wahlschlappen zu weisen verspricht, hat bisher vor allem mit seiner einnehmenden Art überzeugt. So hat er auch den Ministern der ÖVP das Du angeboten. Und bei Betriebsbesuchen zeigt er keine Berührungsängste mit dem Proletariat. Die ÖVP ist seither von der Konfrontationspolitik auf einen „Kuschelkurs“ umgeschwenkt und kann an der Popularität des Kanzlers mitnaschen.

Überhaupt hat die Koalition der letzten zehn Jahre das Profil der beiden Großparteien immer mehr verwischt. So ist aus der SPÖ, wie es Bruno Aigner, der Privatsekretär von Nationalratspräsident Heinz Fischer, formuliert, „eine konturlose Supermarktpartei“ geworden. Aigner ist einer der prominentesten Aktivisten einer am vergangenen Mittwoch gegründeten „Initiative für eine sozialistische Politik der SPÖ“, die den bequem gewordenen Funktionären einheizen will. Gefordert wird ein entschiedenes Eintreten der Partei nicht nur für die Lohn- und Gehaltsempfänger, sondern auch für Arbeitslose, Kleingewerbetreibende und Kleinbauern. Die SPÖ müsse sich vom Neoliberalismus abgrenzen, sich für Flüchtlinge einsetzen und die Annäherung an rechtsgerichtete Parteien bremsen.

In der Diskussion um die Aufgabe der verfassungsmäßig verankerten „immerwährenden“ Neutralität tritt die Initiative für ein deutliches Nein zur Nato ein. Auf dem Parteitag wird das heikle Thema im Rahmen eines Antrags zur Sicherheitspolitik zur Sprache kommen. Da für echte Debatten keine Zeit ist, wurde der Antrag so vage formuliert, daß eine spätere Entscheidung nicht präjudiziert wird. Fraktionschef Peter Kostelka: „In dem Leitantrag wird formuliert, daß sich die Nato nicht nur in Richtung eines Militärbündnisses entwickle, sondern man um Antworten auf die Fragen der europäischen Sicherheit bemüht sei. Diese Entwicklung wird von der SPÖ mit Interesse und Sympathie beobachtet.“

Während die ÖVP und Jörg Haiders rechtspopulistische FPÖ sich für den Nato-Beitritt stark machen und die Grünen sich dagegen aussprechen, haben sich die Sozialdemokraten um eine klare Linie bisher gedrückt. Sie soll am 12. Mai im engen Kreis definiert werden. Klima würde die Frage am liebsten in einer Volksabstimmung entscheiden lassen. Im Land sind derzeit 55 Prozent dagegen und nur 33 Prozent für die Nato. Der Rest hat noch keine Meinung.

Auch sonst ist vom Parteitag keine Richtungsneubestimmung zu erwarten. Statt Caspar Einem wird der Tiroler Landesparteiobmann Herbert Prock zum stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt werden. Diese Funktion war Einem bei der Regierungsumbildung im Januar als Trostpflaster für seine Abschiebung in das Verkehrsressort zugesichert worden. Offenbar ist aber der parteiinterne Widerstand gegen den Linken zu stark geworden. Jetzt darf er nur „eine wichtige Rolle bei der Programmarbeit“ spielen. Ralf Leonhard

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen