: „Spucken wir eine gute Idee aus, können wir alles“
■ Wider das Klischee des dummdreisten Jugendumweltschützers der 90er Jahre
Berlin (taz) – Autos sind böse, Bäume sind gut. Bis dahin sind sich alle einig. In Berlin existiert allerdings eine Horde militanter fanatischer Jugendlicher, die einem ständig Vorhaltungen macht, man sei als Autofahrer ein verantwortungsloser Unmensch und mit dem Biß in eine Bockwurst schon ein Tierquäler. Wenn man aber einen zweiten Blick auf diese Leute wagt, werden auch die Ziele, Wünsche und Hoffnungen, die sich hinter ihren Floskeln verbergen, durchsichtiger.
Heide und Jenny, beide aktiv in der Jugendorganisation des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUNDjugend), wünschen sich neue Wertvorstellungen. Eine schnelle und auf finanzielles Wachstum, Effektivität und Leistungssteigerung ausgerichtete Gesellschaft macht die Menschen eher krank als glücklich, sagen die beiden. Für Muße bleibt keine Zeit mehr.
Viele Menschen verdrängen die Problematik, scheuen die Auseinandersetzung. Genau an dieser Stelle setzt die Arbeit der Jugendumweltorganisationen an. Mit krachigen, auffallenden Aktionen, mit Abendseminaren oder mit ansprechendem Infomaterial sollen den Menschen die Bretter von den Köpfen geschraubt werden.
Einem Großteil der heutigen Aktiven ist dadurch der Kragen geplatzt. Sie wollen die bestehenden Zustände nicht mehr schweigend hinnehmen. Wer erst mal begriffen hat, aus welchen konkreten Gründen umweltschädliche Entwicklungen wie beispielsweise die Atomkraft abzulehnen sind, wirbelt schnell selbst mit.
Natürlich plagen sich auch „Müslis“ mit Problemen wie Zeitnot und mangelnder Beteiligung. Dadurch plumpsen gute Ideen unter den Tisch, müssen Aktionen oder Infoabende ausfallen. Zudem brechen die eingearbeiteten Jugendlichen regelmäßig ins Erwachsenenalter aus oder ziehen um. Oft fühlen sie sich auch durch die Bürokratie geschwächt, da die Organisationsarbeit viel Zeit erfordert und wertvolle Minuten zum Erstellen von kreativen Konzepten verlorengehen.
Interessanterweise spielt Geld für den Einfluß der grünlichen Szene nicht die entscheidende Rolle. „Wenn wir uns in einem Punkt alle einig sind und dann noch die bahnbrechende Idee ausspucken, können wir alles erreichen“, sagt ein Vertreter der BUNDjugend. Mit dieser Einstellung im Kopf macht die Arbeit Spaß, und es knüpfen sich viele neue Freundschaften. Außerdem bringt es einem ein gutes Gefühl, etwas für seine Zukunft zu tun. Hanna Pötter
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