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Mauerloch wird nicht größer

■ Strieder stoppt Abriß denkmalgeschützter Mauerteile in der Bernauer Straße. Baustadträtin Baumert (PDS) widerspricht: Teilabriß der Mauer war vereinbart

Im Gezänk um die letzten Mauerreste an der Bernauer Straße hat sich Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) gegen den Bezirk Mitte vorerst durchgesetzt. Strieder ließ die Abrißarbeiten der denkmalgeschützten Mauerteile stoppen. Mehrere Segmente, die von Baggern entfernt worden waren, wurden gestern nicht abtransportiert. Für die Räumungsarbeiten, die die Evangelische Sophiengemeinde in Auftrag gegeben hatte, liege „keine formale und rechtliche Genehmigung im Sinne des Denkmalschutzes“ vor, sagte Joachim Günther, Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Nach Ansicht von Günther habe die Baustadträtin von Mitte, Karin Baumert, mit ihrer „Zustimmung für die Teilzerstörung des Baudenkmals“ „vollendete Tatsachen“ geschaffen und sich einer „gemeinsamen Lösung“ für die Gestaltung der geplanten Mauergedenkstätte entzogen. Es sei ein unglaublicher Vorgang, wenn sich eine Baustadträtin über einmal getroffene Verabredungen hinwegsetze.

An der Bernauer Straße soll nach einem künstlerischen Entwurf im Mai mit dem Ausbau einer Mauergedenkstätte begonnen werden. Der Bund will dafür die erforderlichen 2,2 Millionen Mark bereitstellen. In der „Nacht- und Nebelaktion“ (Strieder) waren am Mittwoch rund 20 von 210 Metern der Mauer herausgebrochen worden, die sich auf dem Grundstück der Sophiengemeinde befinden. Die evangelische Gemeinde will dort zwei Massengräber aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs sichtbar machen. Mit dem Teilabriß wurde das lange denkmalgeschützte Mauerstück nun unterbrochen.

Baumert verteidigte gestern den Abriß: „Die Genehmigung für die Entfernung der Mauerteile geht rechtlich in Ordnung.“ Die Kirchengemeinde habe eine Abbruchgenehmigung gestellt, der stattgegeben wurde. Der Senat, der Bezirk und die Kirchengemeinde, so Baumert zur taz, hätten sich bereits 1993 verständigt, den Gräber-Abschnitt von den Mauerteilen freizuräumen. Die Gemeinde hatte damals zugestimmt, daß auf ihrem Gelände die 60 Meter lange Gedenkstätte realisiert werden kann. Im Gegenzug war man zu dem Kompromiß gelangt, daß dafür von der Kirche der Abschnitt über den Massengräbern freigeräumt werden darf.

Senatssprecher Michael-Andreas Butz wies die Darstellung der Baustadträtin zurück. Der Teilabriß sei nicht mit dem Senat abgestimmt worden. Zugleich werde man die Zerstörung des Mauerabschnitts „nicht hinnehmen“, erklärte Butz. Rolf Lautenschläger

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