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Fleischzentrale verklagt Tierärztin

■ Gilt BSE-Warnung als Geschäftsschädigung?

Dublin (taz) – In Deutschland gibt es keinen Rinderwahnsinn. Und wenn ein Tierarzt das Gegenteil behauptet, wird er mundtot gemacht. Heute findet vor dem Oberlandesgericht in Schleswig der zweite Prozeß der Norddeutschen Fleischzentrale (NFZ), des zweitgrößten Schlachtkonzerns Europas, gegen die Tierärztin Margrit Herbst statt. Die hatte darauf hingewiesen, daß Rinder aus dem NFZ-eigenen Schlachthof in Bad Bramstedt trotz Verdachts auf BSE auf dem Mittagstisch landeten. Dafür war die Veterinärmedizinerin vor gut zwei Jahren fristlos gekündigt worden, nun will die NFZ darüber hinaus Schadenersatz wegen Geschäftsschädigung.

Margrit Herbst arbeitete seit 1978 auf dem Schlachthof Bad Bramstedt als Fleischbeschau- Tierärztin. Seit Sommer 1990 fielen ihr immer wieder Rinder auf, die BSE-verdächtige Symptome zeigten. Ihre Vorgesetzten diagnostizierten Gelenkentzündungen – das Fleisch kam in den Handel. Die Tierärztin wurde ans Schlachtband versetzt, wo sie keinen Kontakt mehr mit lebenden Tieren hatte. Als sie an die Öffentlichkeit ging, drohte man ihr mit Unterlassungsklage. Der zuständige Landwirtschaftsminister von Schleswig- Holstein, Hans Wiesen, bescheinigte der Tierärztin „Rummeierei“ und pries die „vorzügliche Hygiene“ im Bad Bramstedter Schlachthof.

Daß die NFZ es mit den Vorschriften in Wirklichkeit nicht so genau nahm, kam im September 1994 heraus. Reihenweise wurden Rinder mit Lungenentzündung, Magen- und Darmkrankheiten gemeinsam mit gesunden Tieren geschlachtet, und es war nicht auszuschließen, daß das Fleisch in den Handel gelangt ist. Minister Wiesen mußte kleinlaut einräumen, daß in Bad Bramstedt gegen seuchen- und hygienerechtliche Vorschriften verstoßen wurde. Von BSE könnte aber keine Rede sein.

Im ersten Prozeß, den die NFZ wegen Geschäftsschädigung gegen Herbst geführt hatte, zogen die Schmuddelfleischer aus Bad Bramstedt den Kürzeren. Das Landgericht Kiel bestätigte, daß drei Tiere mit BSE-Verdacht nicht ordnungsgemäß untersucht worden waren, ihr Fleisch aber trotzdem in den Handel gelangte. Und vor einem Jahr stellte die Staatsanwaltschaft in Kiel in einem Zwischenergebnis fest, daß die Fleischkontrolleure der Kreisverwaltung die Qualität des Fleisches nicht ausreichend geprüft hätten.

In der Schweiz werde bei Rindern mit BSE-Verdacht eine Gewebe-Untersuchung vorgenommen, durch die man feststellen kann, ob Rinderwahnsinn oder eine andere Krankheit vorliegt, schreibt die Tierärztin Kari Köster-Lösche in einem Gutachten. Solche Untersuchungen werden in Bad Bramstedt nicht gemacht. Statt dessen habe man mindestens drei Rinder, die unter BSE-Verdacht standen, in den Verkauf geschickt, ohne den Verdacht entkräftet zu haben. Ralf Sotscheck

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