: Trübe Steuerhoffnungen
■ Wissenschaftler: Steuerreform für 1998/99 schafft kurzfristig keine Arbeit
Bonn (dpa) – Die von der Koalition geplante Steuerreform 1998/99 wird nach überwiegender Auffassung der Wissenschaft frühestens nach drei bis vier Jahren zum Abbau der hohen Arbeitslosigkeit beitragen. In der gestrigen öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum ersten kleineren Steuerreformteil 1998 widersprachen die Wirtschaftsforscher den Erwartungen der Bundesregierung auf schnelle Arbeitsmarktwirkungen.
Die Mehrzahl forderte dennoch, diese Reform zur Verbesserung internationaler Wettbewerbsfähigkeit durchzuziehen. Zwei der sechs führenden Institute – das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW/Berlin) und das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI/Essen) – bezweifelten wie der DGB überhaupt positive Impulse für Wirtschaft und Beschäftigung. Hans Dietrich von Loeffelholz vom RWI verwies auf den geringen Finanzspielraum für eine wirksame Steuerreform und auf das Maastrichter Gebot der Währungsunion von höchstens 3,0 Prozent Defizit, das „wir nach Einschätzung aller Institute 1997 nicht erreichen und auch 1998 voraussichtlich nur in der Nähe erreichen werden“.
Hauptansatzpunkt für die Kritiker ist, daß die Unternehmen im einzelnen – nach Gegenrechnung von Steuersatzsenkungen und Abbau von Steuervergünstigungen – unter dem Strich nicht oder nur gering entlastet würden. Dies kritisierte für den Bundesverband der Deutschen Industrie Wolfgang Ritter. Er appellierte an das Finanzministerium, über eine Belastung von elf Milliarden, die vor allem das verarbeitende Gewerbe treffe, noch einmal zu reden. „Da bleibt von einer Nettoentlastung überhaupt nichts übrig.“ In ihrer gemeinschaftlichen Stellungnahme bekräftigten die acht großen Wirtschaftsverbände von Handel, Handwerk, Industrie und Banken, daß die Steuerreform insgesamt positiv für Investitionen und Beschäftigung sei.
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