: Öko von Dach bis Mini-Bar
Das Ökotel in Schnelsen verwöhnt seine Gäste konsequent umweltbewußt und ist in seiner Art einzigartig in Hamburg ■ Von Jan Freitag
„Ursprünglich wollten wir nur ein energieeffizientes Mehrfamilienhaus bauen“, erinnert sich der gelernte Physiker Günter Dix, „doch meine Frau kommt aus der Hotelbranche, und mit den staatlichen Zuschüssen für energiesparendes Bauen kam eins zum anderen.“Das Ergebnis heißt „Ökotel“, steht in Schnelsen und ist das ökologischste Hotel Hamburgs.
Vom Dach bis zur Kellerisolierung, von der Bettwäsche bis zum Faßbier – an alles, so scheint es, haben Almut und Günter Dix bis zur Eröffnung vor einem halben Jahr gedacht, als eine Idee zum Konzept gereift war und die Arbeiten am Rohbau begannen: Das Mauerwerk ist mit Perliten (aufgeblähtes Vulkangestein) gefüllt, das Dach mit einer Zelluloseschicht aus Altpapier gedämmt. Die Kellerdeckenisolierung besteht aus Schaumglas, und die winddichte Fassade ebenso wie die Vermeidung von Kältebrücken halten die Wärme im Haus und nutzen die Sonne als natürliche Heizquelle. „Mehr war nicht möglich“, bedauert Günter Dix, „die Auflagen an die Statik schreiben bestimmte konventionelle Baustoffe am Mauerwerk einfach vor. Eine Lehmhütte konnten wir also nicht bauen.“
Hinzu kam dann ein Blockheizkraftwerk zur gleichzeitigen Erzeugung von Wärme und Strom und eine Photovoltaikanlage. Die Belüftung gewinnt über einen Wärmetauscher 60 Prozent der Abluftwärme zurück, und beim Abschließen der Zimmer wird die Energieversorgung automatisch gedrosselt. Dieses Energiekonzept macht das Ökotel quasi autark, bei gutem Wetter wird sogar Resternergie ins öffentliche Netz eingespeist.
Auch sonst kann sich aus Öko-Sicht alles, was so zum Hotelbetrieb dazugehört, sehen lassen. Die gesamte Elektrik kommt ohne schwer entsorgbare Kunststoffe aus, die elektrischen Leitungen sind halogenfrei und lassen dem Elektrosmog keine Chance. Statt Tapeten ziert aufgespritzte Zellulose die Wände, und sämtliche Innenflächen erhielten einen rein pflanzlichen Anstrich. Nicht zu vergessen, was die Gäste letztlich riechen, schmecken und fühlen: Das Mobiliar, die Böden und Türen stammen ausnahmslos von einheimischen Bäumen und sind mit Ölen behandelt. Matratzen, Bettdecken und die Bettwäsche aus unbehandelter Baumwolle: alles voll öko.
Der Blick auf die Mehrwegflaschen, mit denen die Mini-Bar jedes Zimmers bestückt ist, erfreut – bis auf eine klebrige schwarze Brause aus USA – auch die eingefleischteste BioladenkundIn, und die Zutaten fürs Frühstück stammen fast ausschließlich aus kontrolliert biologischem Anbau. Gerade mal auf zehn Liter Müll kommt der Betrieb so pro Woche, zumal jede überflüssige Verpackung vermieden wird. „Vieles kommt direkt vom Bauern, wie Käse, Brot und Joghurt.“Allein der Aufschnitt ist konventioneller Herkunft. „Dafür ist der Umsatz noch zu gering.“
Die Betonung liegt auf „noch“, denn die Belegungszahlen klettern stetig. 30 Prozent Auslastung sind für den Anfang gar nicht übel, schließlich liegt der deutsche Schnitt mit 34 nur unwesentlich höher. Dabei scheint das Potential bei weitem nicht ausgeschöpft. „Die meisten Gäste sind Geschäftsleute und haben mit Naturkost gar nichts am Hut“, meint Dix, „bei denen ist es eher so, daß sie das Ökologische nicht weiter stört.“Doch auch der Anteil derer, die gezielt im Ökotel wohnen wollen, nimmt zu – im Moment ist dies nur jede/r Zwanzigste.
Bei so viel Positivem hat Günter Dix dann doch noch einen Wermutstropfen parat: Der Bezirk Eimsbüttel will ihm einen zweigeschossigen Häuserblock vor die schönsten Zimmer bauen. „Als ich mit dem Bauen anfing, sah der Bebauungsplan eigentlich nur eingeschossige Häuser vor.“
Da bleibt die Erkenntnis, daß das Ökotel auch bei verstellter Sicht seinesgleichen sucht. „Sicher“, räumt Günter Dix ein, „die Wasserspartaste gehört mittlerweile zum Standard, aber wirklich ökologisch werden Hotels höchstens in Kurorten.“Und das Ökotel ist eben ein Stadthotel – das einzige seiner Art.
Ökotel, Holsteiner Chaussee 347, 22457 Hamburg, Tel.: 040/55 97 30-0, Fax: 040/55 97 30-99
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